Tötungsdelikte in Österreich: Wo Männer und Frauen ermordet werden
 
            
            Eine neue Analyse der FH Joanneum im Auftrag des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren zeigt erstmals eine Aufschlüsselung der Tötungsdelikte in Österreich seit den 1970er-Jahren.
In den vergangenen 54 Jahren sind hierzulande 4.297 Menschen eines gewaltsamen Todes gestorben, 2.160 Männer und 2.137 Frauen. Die Morde gingen in diesem Zeitraum stark zurück.
Doch eines zeigte sich deutlich: Frauen werden eher zuhause und Männer an öffentlichen Orten getötet.
Dokumentierte Mordfälle
Ziel der Studie war, verlässliche und umfassende Daten zu Morden in Österreich zu erhalten, sagte Marina Sorgo, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren. "Wir wollten wissen, ist es wirklich so schlimm, wie es in den Medien kolportiert wird", sagte sie bei einem Pressegespräch in Wien. Vor allem wollte die Institution herausfinden, ob Österreich ein Land mit einer hohen Rate an Frauenmorden ist. "Wir haben uns Sorgen gemacht. Gerade nach der Pandemie ist das Thema aufgepoppt." Es hieß sogar, Österreich würde in dieser Thematik international gesehen das Schlusslicht darstellen.
Das Institut für Soziale Arbeit hat sich deshalb die Zahlen angeschaut, was aufgrund der Inhomogenität der Daten nicht ganz einfach war. So wurden erst seit 2002 Tatwerkzeuge angeführt oder erst seit 2019 auch die Beziehung zwischen Täter und Opfer hergestellt. Herangezogen wurden erstmals sämtliche in der amtlichen Todesursachenstatistik der Statistik Austria dokumentierten Mordfälle. Aus dieser Grundlage wurden langfristige Entwicklungen analysiert.
Rückgang der Mordrate seit 1970
Es zeigte sich, dass die Mordrate seit den 1970ern bis heute deutlich zurückging. Wurden vor 55 Jahren noch zwei Personen pro 100.000 Einwohner in Österreich gewaltsam getötet, so liegt dieser Bereich heute bei 0,5 bis eine Person pro 100.000 Einwohner, sagte Soziologe Rainer Loidl. Bis in die 1990er-Jahre registrierte die Statistik 120 Mordopfer, seit 2006 sind es unter 60 pro Jahr. In den Jahren 2012 bis 2014 und 2020 bis 2022 sank die Zahl sogar unter 40 Fälle. In den vergangenen 20 Jahren zeige sich ein "stabiler Zahlenkorridor" von 33 bis 60 Morden pro Jahr, mit einem Durchschnitt von 49 Fällen jährlich, sagte Loidl.
Bezogen auf das Geschlecht ist der Rückgang eher bei den Zahlen der männlichen Opfer zu sehen als bei den weiblichen. Vor allem in den Pandemiejahren ging die Zahl der getöteten Männer auf einen "historischen Tiefstand", so Loidl. Das lag wahrscheinlich daran, dass zwei Drittel der Männer an öffentlichen Orten und Frauen im häuslichen Umfeld getötet werden. Und zu dieser Zeit gab es Ausgangssperren. Diese Werte zu den Tatorten werden allerdings erst seit 2002 aufgezeichnet.
Auch kleine Kinder und ältere Menschen gefährdet
In Hinblick auf das Alter der Getöteten - auch hier sind die Zahlen erst seit 2002 registriert - gab es die meisten Opfer im Alter von 45 bis 49 Jahren. Hohe Werte waren es auch bei Kindern jüngeren Alters (bis zu fünf Jahren). Besonders gefährdet, einem Tötungsdelikt zum Opfer zu fallen, sind hier Buben, sagte Loidl. Auch Menschen ab einem Alter von 65 Jahren fielen in den vergangenen 20 Jahren eher einem Tötungsdelikt zum Opfer. Deshalb möchte Sorgo in Zukunft mehr den Fokus auf Kindergewalt sowie Gewalt in der Pflege legen.
Tatwerkzeuge waren zu einem Drittel (35,3 Prozent) scharfe Gegenstände wie Messer. 2,4 Prozent der Täter verwendeten eine Handfeuerwaffe, 1,3 Prozent ein Gewehr und 20,5 Prozent sonstige Schusswaffen. 14,5 Prozent starben durch Strangulieren, 3,9 Prozent durch stumpfe Gewalt und 10,4 Prozent durch körperliche Gewalt. Auch diese Zahlen werden erst seit 2002 aufgezeichnet.
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