"Syrer statt Masseverwalter"

Mir tut’s Herz weh", seufzt Ferdinand Purgstaller und deutet auf sein Wirtshaus. "Das bin ja alles ich, ich bin ja ein Gastwirt. Aber ich hab’ lieber Syrer und Iraker hier als den Masseverwalter."
Ferdl nennen Freunde und Stammgäste den Wirt aus Seiersberg, einer der Gemeinden im Speckgürtel von Graz, die auch das größte Einkaufszentrum der Steiermark beheimatet. Der Ferdl will nun auch Asylwerbern eine Heimat geben: Er bot sein Wirtshaus samt Gästezimmern dem Land Steiermark als Unterkunft für Asylwerber an. Gut 100 könne er schon unterbringen, rechnet er, wenn er zusätzlich einen Saal mit Betten bestücke.
Er mache das, um finanziell überleben zu können, begründet der Steirer. Schuld daran sei ein einziger Nachbar, wegen ihm müsse er sonst zusperren. "Der ist ein Fanatiker", ärgert sich Purgstaller. "Er hat’s geschafft, dass mir das Gewerbeamt vorschreibt, ich darf das Garagentor nur 60 Minuten am Tag offen haben. Wenn ich nach 24 Uhr Licht hab’, zahl ich Strafe." Die Lampen seien zu hell, die Musik zu laut, Gäste leuchteten mit Schweinwerfern in das Haus des Nachbarn. Sogar die Dachterrasse habe er sperren müssen: "Da hat er sich bedroht gefühlt."
Seit 2007 werde er mit Anzeigen bombardiert. "900, 1000, 2000? Ich weiß es nicht mehr." So könne er seinen Betrieb nicht führen. "Früher haben wir 20, 30 Hochzeiten hier gehabt. Aber da steht er da und sagt der Braut, Sie, um Mitternacht ist Schluss mit Musik. Ich hab’ ja Angst, dass er bald sagt, ein weißes Brautkleid blendet."
Bürgermeister lehnt ab
Beim Land ist man recht froh über das Angebot, am Donnerstag, wird das Haus offiziell begutachtet. Bürgermeister Werner Baumann, SPÖ, ist aber gar nicht begeistert. "Das ist der falsche Platz. Ein Speisesaal mit Stockbetten ist außerdem nicht menschenwürdig." Fünf Kilometer weiter gäbe es eine "halb leere Kaserne", traumatisierte Flüchtlinge bräuchten professionelle Betreuung. Bisher gibt es in Seiersberg noch kein Quartier für Asylwerber.
Die Stammtischrunde hat aber Verständnis. "Sieben Jahr’ schikaniert ihn ein einziger Nachbar", schimpft ein Mann. "Und die Behörde unterstützt den Ferdl nicht." Für die Stammgäste sei es fatal, wenn das Wirtshaus wegfalle. "Aber es ist ja nachvollziehbar, es geht ja auch ums G’schäft." Purgstaller nickt. "Früher hab’ ich 700.000 Euro im Jahr durch Catering gemacht. Jetzt sind’s 30.000, weil ihn das alles stört". Der Nachbar beobachtet, Stellung nehmen will er nicht. "Verschwind’, ich sag’ nix."
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