Asylthema sorgte für politisches Beben

Eine Frau in Tracht hält einen Stimmzettel vor einem Schild, das auf ein Wahllokal hinweist.
In Gemeinden mit höherem Asylwerberanteil konnte die FPÖ besonders stark punkten.

Egal, ob rot oder schwarz regierte Gemeinden: In Orten, in denen viele Asylwerber leben, ging der blaue Wahlkampf offensichtlich voll auf. Von Admont, wo gerade über ein großes Quartier für 70 Flüchtlinge gesprochen wird, bis zu Vordernberg, der Gemeinde mit Österreichs größtem Schubhaftzentrum, legten die Freiheitlichen mit ihrem überspitztem "Fremd in der eigenen Heimat"-Wahlkampf nicht nur massiv zu, sondern setzten sich teilweise sogar an die erste Stelle.

Sogar im beschaulichen Pusterwald, einer 500-Einwohner-Gemeinde, konnten die Blauen reüssieren obwohl gerade dieser Ort auf einer FPÖ-Postille als Terrorhochburg von Dschihadisten abgebildet wurde. Mit 24,5 Prozent der Stimmen und einem Plus von 15,4 Prozentpunkten verwiesen die Freiheitlichen dort die SPÖ auf Platz 3.

Ein Mann mit Brille und Anzug steht vor einem Brunnen.
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Die betroffenen Bürgermeister wirken ratlos. "Wir haben grad Trauerfeier", sagt Bürgermeister Reinhard Reisinger. "Man muss sich etwas einfallen lassen gegen die FPÖ. Aber was?" Reisinger, SPÖ-Ortschef von Spital am Semmering, hat bei den Gemeinderatswahlen im März noch ein Mandat gewinnen können, Debatte um das Bundesasylheim im ehemaligen Hotel "Haus Semmering" hin oder her. Doch gestern zog exakt im selben Ort der blaue Wahlkampf: Die SPÖ sackte um 10,5 Prozentpunkte ab, die FPÖ legte um 15,8 Prozentpunkte zu und wurde mit 30,3 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft hinter der SPÖ.

Ernüchterung

Eine Tabelle zeigt den Anteil der SPÖ, ÖVP und FPÖ in steirischen Gemeinden im Vergleich zu 2010.
Auch in anderen Gemeinden machte sich Ernüchterung breit. 170 Asylwerber etwa leben in Neuberg an der Mürz, das ist die höchste Anzahl in der Steiermark. "Die Wähler sind das gewohnt", hoffte ÖVP-Bürgermeister Peter Tautscher wenige Tage vor den Wahlen. Doch die blaue Masche griff: Mit 34,6 Prozent Stimmenanteil wurde die FPÖ stärkste Partei vor der SPÖ, die nur noch 31,6 Prozent erreichte – ein Minus von 14,6 Prozentpunkten.

Ähnlich war auch in Wildon: Die FPÖ überrundete mit einem Plus von 20,6 Prozentpunkten die SPÖ und setzte sich mit 32,1 Prozent Stimmenanteil an den ersten Platz. Die SPÖ verlor 8,5 Prozentpunkte und wurde mit 29 Prozent nur noch Zweite. 134 Asylwerber leben in Wildon, eine Anzahl, die auch SPÖ-Bürgermeister Helmut Walch viel zu hoch ist. "Die Leut’ sind angefressen. Wir haben schon bei den Gemeinderatswahlen dort verloren, wo die Asylwerber wohnen."

Auch in Mürzzuschlag fiel das Ergebnis für die SPÖ entsprechend dem Landestrend aus. Minus 12,6 Prozentpunkte und somit nur noch 42,2 Prozent Stimmenanteil, während die FPÖ um 19 Prozentpunkte auf 32,5 Prozent zulegen konnte, das ist hinter der SPÖ der zweite Platz. SPÖ-Stadtchef Karl Rudischer gibt zu: "Wir sind ein bisschen ratlos. War’s das Asylthema oder doch die Reformgeschichten? Ich weiß es nicht." 128 Asylwerber sind in der Stadt untergebracht.

In Vordernberg ist die SPÖ zwar noch immer die stimmenstärkste Partei, verlor aber mit einem Minus von 16,1 Prozentpunkten mehr als im Landesschnitt. Die Stimmen in der Gemeinde scheinen direkt zu den Freiheitlichen gegangen zu: plus 16,2 Prozentpunkte, die Blauen halten dort jetzt bei 23,8 Prozent.

Wieder einmal sicherte das Ergebnis in Graz die Stimmenmehrheit der SPÖ im gesamten Bundesland. Die gewohnt wechselhaften Wähler der Landeshauptstadt stimmten gegen den Trend:Die Verluste von Rot und Schwarz fielen hier niedriger aus, der Gewinn der FPÖ war nicht so hoch.

Die SPÖ verlor mit einem Minus von 4,1 Prozent weniger als im Landesschnitt und blieb mit 28,2 Prozent Stimmenanteil deutlicher an erster Stelle als anderswo. Wie bereits 2010 verlor die ÖVP in Graz mehr als die SPÖ: Sie fuhr ein Minus von 4,8 Prozentpunkten ein und kam mit 23,6 Prozent der Stimmen in der Landeshauptstadt auf den zweiten Platz. Die FPÖ legte um acht Prozentpunkte zu, landesweit war das Plus doppelt so hoch. In Graz kam die FPÖ somit mit 20,3 Prozent Stimmenanteil auf den dritten Platz.

Verluste für KPÖ

Auf den Plätzen dahinter gab es bei der KPÖ eine kleine Überraschung. Die seit den Gemeinderatswahlen 2012 in der Stadt zweitstärkste Kraft schaffte ihr Grundmandat für den Landtag relativ knapp: Sie verlor gegenüber 2010 1,3 Prozentpunkte und kam auf 8,4 Prozent der Stimmen. Die Grünen legten mit einem Plus von 0,7 Prozentpunkten nur leicht zu, sie schafften 13,6 Prozent in Graz. Das ist ernüchternd für die Grünen, denn bei den Nationalrats- und EU-Wahlen wurden sie hier stimmenstärkste Partei.

Eine Grafik zeigt das vorläufige Endergebnis der Landtagswahl Graz mit Stimmenanteilen der Parteien.
In den Bezirken Gösting und Puntigam hievten die Wähler die Freiheitlichen auf den ersten Platz: So schaffte die FPÖ in Puntigam ihr bestes Ergebnis mit 32,9 Prozent der Stimmen, in Gösting waren es 29 Prozent. 2010 waren diese Bezirke rot.

Die ÖVP konnten trotz Verlusten ihre Dominanz in Innerer Stadt, Leonhard, Geidorf, Waltendorf, Ries, Mariatrost und St. Peter, behaupten, also in eher teureren Wohngegenden. In den ersten drei Bezirken allerdings waren auch die Grünen stark und verwiesen die FPÖ dort auf Platz drei.

Die SPÖ konnte acht Bezirke halten, die Verluste lagen zwischen 2,8 und 9,5 Prozentpunkten. Dort rückten ihr die Blauen aber zum Teil sehr nahe, etwa in Wetzelsdorf, wo die SPÖ 31,3 Prozent holte, die FPÖ 30,8 Prozent.

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