Ex-EU-Abgeordnete als Angeklagte vor Gericht

Hella Ranner setzt sich neben ihren Verteidiger, diese Seite ist die frühere Anwältin gewohnt. Doch Richter Karl Buchgraber zeigt auf den Platz in der Mitte, dorthin, wo Angeklagte Platz nehmen: Die 62-Jährige frühere ÖVP-Politikerin Ranner war Gemeinderätin und Präsidentin der Grazer Messe sowie EU-Abgeordnete ist wegen des Verdachts der Untreue und des Betruges vor Gericht.
500.000 Euro soll der Schaden betragen. So soll die Grazerin einem Freund ein Privatdarlehen von 100.000 Euro herausgelockt haben, obwohl sie zahlungsunfähig gewesen sei. Der Linzer Anwaltskanzlei SCWP soll sie ungerechtfertigt Prämien berechnet und Honorare von deren Klienten auf das eigene Konto überwiesen haben.
Kein Vorteil
Alles nicht wahr, beteuert Ranner, sie sei unschuldig. „Ich habe nie gedacht oder geplant gehabt, ich könnte mir einen Vorteil verschaffen.“ Vielmehr habe die Anwaltsfirma die kleine Kanzlei Ranners „inhaliert“, deponiert Verteidiger Rüdiger Schender. „Da ist nix veruntreut worden, nix untergejubelt.“ Man habe Ranner, die in Graz gesellschaftlich und politisch gut vernetzt war, unbedingt in der Kanzlei haben wollen. „Sie wurde mit Schalmeientönen in diese Partnerschaft geführt.“
Schender zog selbst vor Gericht und klagte die SCWP: Auf Bezahlung der Kanzlei und des Kundenstocks sowie Gewinnbeteiligung, denn 2004 habe Ranner ihre Firma in die SCWP eingebracht. „Das hier gehört vor ein Zivilgericht, nicht vor ein Strafgericht.“
Konkurs
Doch die Staatsanwältin sieht in den Schulden der Juristin ein Motiv. 2011 meldete diese Konkurs an: 6,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten waren offen. „Wie kommt’s zu diesen hohen Schulden?“, wundert sich Richter Buchgraber. Ranner geht bis 1989 zurück: Damals stieg sie in „die Revita-Geschichte“ ein, ein Projekt zur Sanierung maroder Firmen. „Dabei habe ich Haftungen übernommen, das waren zwei bis drei Millionen.“ Die wuchsen und wurden schlagend.
Im Zuge der Causa rund um Ernst Strasser wurde der Fall Ranner nach einer anonymen Anzeige publik. „Dann ist es zu einem Medienspektakel gekommen.“ Da sei sie von ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhöfer angewiesen worden, ihr EU-Mandat abzugeben. „Er hat gesagt, du, das geht nicht mehr, du musst zurücktreten.“ Doch ihre Funktion als stellvertretende Leiterin der ÖVP-Frauenbewegung habe sie noch heute, fügt Ranner an. „Ich bin dankbar. Dort hat man mich nicht verurteilt.“
Der Prozess wird im Jänner fortgesetzt.
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