Slowenische Volksgruppe in Kärnten schrumpft durch Abwanderung

Slowenische Volksgruppe in Kärnten schrumpft durch Abwanderung
Aktuelle OGM-Studie zeigt auch Abnahme der Sprachnutzung. Die Nutzung der slowenischen Sprache konzentriert sich auf private Kontexte.

Die slowenische Volksgruppe in Kärnten schrumpft weiter. Dafür verantwortlich ist vor allem die starke Abwanderung aus dem Kerngebiet nach Wien und Graz, wie eine am Dienstag präsentierte Studie von OGM zeigt. Abnehmend ist laut der Erhebung im zweisprachigen Gebiet auch der Gebrauch von Slowenisch im Alltag. Vor allem in der Familie und in der Kirche wird dies noch praktiziert, am wenigsten auf Ämtern.

Nach einer 20-jährigen "Blackbox" konnten in der Studie durch Entwicklung einer innovativen Methode mit bestehenden Verwaltungsdaten erstmals wieder demografische Fakten zu den Kärntner Slowenen und Sloweninnen gewonnen werden. Bei der Volkszählung 2001 waren 12.600 Österreicherinnen und Österreichern mit slowenischer Umgangssprache erfasst worden. Diese Daten wurden nun mit der demografischen Entwicklung der Kerngemeinden aus dem Kerngebiet der Volksgruppe verknüpft.

Rückgang der angestammten Volksgruppe

Wie der Datenvergleich zeigt, war die demografische Entwicklung der letzten 20 Jahre von einem weiteren Rückgang der angestammten Volksgruppe im Kerngebiet gekennzeichnet: Je "slowenischer" eine Ortschaft 2001 war, desto stärker verringerte sich tendenziell ihre Bevölkerungszahl. In den Ortschaften mit mehr als 30 Prozent Slowenisch-Anteil kam es so in 20 Jahren zu einem Rückgang der Bevölkerung um sechs Prozent, während in den Ortschaften mit weniger als 15 Prozent Slowenisch-Anteil leichte Zuwächse der Einwohnerzahl zu verzeichnen waren.

Slowenische Volksgruppe in Kärnten schrumpft durch Abwanderung

Die negative Bevölkerungsentwicklung in den Ortschaften mit hohem Slowenisch-Anteil ist vor allem Folge verstärkter Abwanderung. In den Ortschaften mit geringem Volksgruppenanteil war die Binnenwanderung im 21. Jahrhundert hingegen weitgehend ausgeglichen. Dabei betrifft die Abwanderung nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. Besonders junge Frauen, die zumeist besser ausgebildet sind als ihre männlichen Altersgenossen, ziehen verstärkt weg. Parallel dazu findet seit dem EU-Beitritt Sloweniens auch eine Revitalisierung der slowenischen Sprache in Südkärnten durch den Zuzug von slowenischen Unionsbürgerinnen und -bürgern statt.

Generationsfrage

Auch die Nutzung der slowenischen Sprache wurde erhoben - wobei diese je nach Generation abnimmt. Dafür befragte OGM 562 Österreicher und Österreicherinnen mit guten bis fließenden Slowenischkenntnissen. Das Ergebnis: Die Nutzung konzentriert sich auf private Kontexte. Besonders häufig wird Slowenisch mit den eigenen Eltern oder Geschwistern gesprochen. Allerdings ist dies auch in diesem Umfeld rückläufig. Ebenfalls häufig, aber schon etwas seltener, wird Slowenisch in der Kommunikation mit den eigenen Kindern sowie mit Freundinnen und Freunden, der Nachbarschaft und Bekannten verwendet.

In öffentlichen Kontexten wird Slowenisch dagegen erheblich seltener genutzt, insbesondere auf Gemeindeämtern und Behörden. Diese Nicht-Nutzung erfolgt in der Regel nicht freiwillig, sondern ist durch mangelhafte Slowenischkenntnisse mancher Beamten und Beamtinnen vor Ort und einer "faktischen Nichtumsetzung der gesetzlich vorgesehenen Zweisprachigkeit bei vielen Behörden" verursacht. Viele Befragte sprachen von einem Ärgernis. Eine deutliche Ausnahme der selteneren Slowenisch-Nutzung im öffentlichen Raum bildet lediglich die römisch-katholische Kirche.

Mehr Schüler in zweisprachigen Schulen

Als positive Entwicklung nennt die Studie die in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegenen Anmeldequoten zum zweisprachigen Volksschulunterricht. Abseits der Volksschule ist die Inanspruchnahme zweisprachiger Bildung aber nur halb so hoch. Vor allem in dem für den Spracherwerb so wichtigen vorschulischen Bereich der Kindertagesstätten und der Nachmittagsbetreuung ist das Angebot "ausbaufähig".

Im Rahmen der Volksgruppenförderung 2021 hatte OGM einen Förderantrag für das Forschungsprojekt gestellt. Das Projekt wurde 2021/2022 in Zusammenarbeit mit dem Beirat der slowenischen Volksgruppe und der Volksgruppenabteilung des Bundeskanzleramts durchgeführt.

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