Die Wochenzeitung „Falter“ hat als Erste darüber berichtet. Dorner, selbst zum „Auslandsdiener des Jahres 2021“ gewählt, bekräftigt im Gespräch mit dem KURIER seine Kritik. „In dem Verein herrscht ein Klima der Angst“, sagt er, „die Vorfälle und Übergriffe waren keine Einzelfälle, sondern das ist systematisch passiert.“
Es sei für ihn höchst unangenehm gewesen, das soll nachfolgenden jungen Menschen erspart bleiben. „Deshalb habe ich das öffentlich gemacht“, erklärt Dorner, der selbst eine Suiziddrohung erhalten habe. Maislinger habe stärkeres Engagement erreichen und Macht über junge Menschen ausspielen wollen.
Dem KURIER liegen SMS und Mitschnitte der Telefongespräche vor, in denen Maislinger eine junge Frau für seinen geplanten Suizid verantwortlich macht: „Du wirst dein ganzes Leben damit leben müssen“, ist Maislinger flüsternd zu hören, während die Frau versucht, den Dialog mit ihm zu finden und beteuert, ihre Hand sei ausgestreckt.
Bei Dorner hätten sich zahlreiche Betroffene „der letzten drei Jahrzehnte gemeldet“, denen ähnliches passiert sei.
Aus Verein geworfen
Am Mittwoch hat der Wiener Historiker Florian Wenninger auf Twitter seine Erfahrungen öffentlich gemacht: „Den Verein Auslandsdienst gibt es überhaupt nur, weil es 1996/’97 im Verein Gedenkdienst, dessen Gründer und Obmann Andreas Maislinger zuvor gewesen war, zu massiven Auseinandersetzungen gekommen war, die schließlich zu seiner Abwahl führten.“
Die Streitpunkte hätten den heutigen geähnelt: autoritäres, teils erpresserisches Verhalten gegenüber jungen Leuten, die sich für die gute Sache engagieren wollten.“ Deshalb fordert auch der frühere Verein Maislingers, der Verein Gedenkdienst, volle Aufklärung vom Ministerium.
Ministerium fördert weiter
Im Sozialministerium ist die Sache bekannt – durch ein Posting auf Social Media. Direkt informiert worden sei man über die Vorwürfe nicht. Es seien „unverzüglich Stellungnahmen vom Verein und seinem Obmann eingeholt worden, beteuert ein Sprecher aus dem Kabinett von Sozialminister Johannes Rauch: „Auf Basis des Kenntnisstandes wurde eine Einstellung der Förderung als unverhältnismäßig beurteilt.“
Eine Einstellung hätte 300 Personen im Auslandsdienst unmittelbar betroffen – 720 Euro werden pro Monat und Person im Auslandsdienst als Förderung überwiesen.
Das Ressort arbeite an einer Novelle des Freiwilligengesetzes – dabei sei die Schaffung einer Vertrauensperson vorgesehen, an die sich Teilnehmer von Freiwilligendiensten wenden könnten – ab September soll das in Kraft treten. Zu den aktuellen Entwicklungen gab es keine weitere Stellungnahme.
"Alles abgeklärt"
Und Andreas Maislinger? Er hat mit dem KURIER gesprochen, betont aber nur, dass alles ausführlich mit dem Ombudsteam vor zwei Jahren abgeklärt worden sei: „Ich beteilige mich nicht an dieser öffentlichen Debatte. Jeder kann sich an mich wenden, dann werde ich die Situation erklären.“
Hilfe bei Suizid-Gedanken
Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Die Telefonseelsorge bietet unter der Nummer 142 schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Das österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Infos zu Hilfsangeboten.
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