Verbotener Schleichhandel: Wegen ein paar Kilogramm Mehl vor Gericht

Razzia in der Nachkriegszeit in Wien
Der Schwarzhandel mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen war in der Nachkriegszeit streng verboten, die Strafen waren hoch.

Eine Vase, eine Schneiderpuppe und eine Fußbadewanne wechseln die Besitzer, ehe die Eierspeise auf den Tisch kommt: Wenn Hans Moser alias Kanzleidiener Lechner herumrennt, um seinem Herrn das Frühstück bereiten zu können, trifft der 1947 gedrehte Film "Hofrat Geiger" tatsächlich auf den Punkt. Schleichhandel war zwar strikt verboten und stand unter strengster Strafe – aber es gab ihn doch.

In Österreich regelte das Bedarfdeckungsstrafgesetz die Verfolgung von Schleichhändlern: Beschlossen im Oktober 1945, in Kraft getreten im Februar 1946 stellte es illegalen Handel mit Gütern unter Strafe, die bewirtschaftet waren, also nur "auf Karte" bezogen wurden.

Das betraf Mehl, Eier, Äpfel oder Milch, Kleidung, Schuhe und freilich auch Zigaretten.

Das Gesetz griff bei jeglicher Form des verbotenen Handels, egal, ob Tausch oder Verkauf:

Wenn etwa ein Landwirt einen Teil seiner Ware nicht wie vorgeschrieben ablieferte, machte er sich strafbar. Wer Gold gegen Schmalz tauschte, machte sich strafbar. Wer Lebensmittelmarken fälschte, machte sich strafbar.

Kerker und Todesstrafe

Die Strafhöhen lagen je nach Delikt und Schwere des Verstoßes meist bei Geldstrafen und Arreststrafen von bis zu drei Jahren, doch auch lebenslanger Kerker und sogar die Todesstrafe standen im Gesetz. Verhängt wurde sie aber nie. Das Gesetz wurde mehrmals novelliert, ehe es Mitte 1950 auslief.

Die Datenlage ist dürr, gesicherte österreichweite polizeiliche Aufzeichnungen gibt es aber für den Zeitraum zwischen August 1946 und Juli 1947: Da wurde die Exekutive rund 54.000 Mal wegen Schwarzmarktfällen aktiv – rund 40 Prozent davon fielen in Wien an, 23 Prozent in der US-Zone.

In Zeitungen wurden detaillierte Berichte von Razzien veröffentlicht: 1946 fing die Polizei unter anderem 430.000 Kilogramm schwarz gehandelte Kartoffeln oder knapp 65.000 Kilogramm Fleisch ab. Allein die Staatsanwaltschaft Graz leitete bis 1950 rund 2.000 Verfahren gegen Schleichhändler ein, vier Fünftel der Beschuldigten waren Männer.

Es gab groß aufgezogene Schleichhändlerringe wie etwa um den Grazer Kaufmann Theodor Soucek, doch für diese Gruppe war Schwarzhandel nur Mittel zum Zweck: Sie wollte das NS-Regime wieder errichten.

Die meisten Fälle jedoch drehten sich nicht um Luxusgüter, sondern um ein paar Kilogramm Mehl oder ein Paar Schuhe: 75 Prozent aller in Graz verhandelten Fälle betrafen solche Vergehen.

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