"Er wollte uns alle mit in den Tod reißen"

Ein Mann geht in einem Gerichtssaal an einem Tisch und Richtern vorbei.
53-jähriger Grazer raste mit Familie gegen Leitplanke. Geschworene entschieden auf Unzurechnungsfähigkeit.

In Pulli und Jeans sitzt der Steirer vor dem Richter, der ihn fragt, wie es ihm denn nun gehe. „Schon besser“, murmelt der 53-Jährige. Von jedem fremden Menschen verfolgt wie im August, während des Urlaubs in Jesolo, fühle er sich nicht mehr: Auf der Heimfahrt raste der Familienvater in der Nähe von Graz absichtlich mit 185 bis 190 Stundenkilometer von der Autobahn neben ihm seine Frau, hinter ihm die Kinder, 12 und 14 Jahre.

Alle vier überlebten. „Normalerweise sind bei so einem Unfall alle tot“, kommentiert der Richter. Der Angeklagte nickt und gibt sogar zu, was ihm der Kfz-Sachverständige gar nicht dezidiert nachweisen konnte: Nach dem Unfall zündete er das Auto auch noch an. „Ich glaub’, dass das so war. Ich hab’s so im Gedanken.“

Wäre der 53-Jährige ein gesunder Mann, würde eine Verurteilung wegen Mordversuches anstehen, erläutert Staatsanwalt Hansjörg Bacher den Geschworenen. Aber der Angeklagte leide seit einer Nierentransplantation an Ängsten und paranoiden Störungen. Mit Medikamenten habe der Mann diese im Griff gehabt, doch kurz vor der Ferienreise setzte er sie ab, ohne einen Arzt zu konsultieren.

Wahnvorstellungen

Bald gab es Verhaltensänderungen. „Der Papa war komisch und hat wirres Zeug geredet“, berichtet sein Sohn. Seine 42-jährige Frau erzählt, ihr Mann habe sich verfolgt gefühlt. „Er war nicht mehr er selbst, er hat Wahnvorstellungen gehabt.“

Auf der Heimfahrt sei er zunehmend auffälliger geworden: Als sie schlief, habe er ihren Sicherheitsgurt geöffnet. Ständig habe er geschaut, ob die Kinder schlafen. „Ich war verzweifelt und hab’ gewusst, was er vor hatte“, berichtet die Frau im Vorverfahren. „Ich bin mir sicher, dass er uns alle mit in den Tod reißen wollte.“

Es werde schon so passiert sein, überlegt der Angeklagte. „Aber ich wollt’ meine Familie nicht verletzen, das hat sich so ergeben. Ich weiß nicht, was in meinem Kopf war.“ Zu einer Strafe verurteilt wird er nicht, er ist unzurechnungsfähig. Allerdings wird er nicht rechtskräftig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

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