Politik will weder Citymaut noch autofreien Tag

Londons Citymaut ist kein Vorbild für Graz
Mehrere Varianten untersucht, doch die Feinstaub-Reduktion im Kfz-Verkehr ist Stadt und Land nicht groß genug.

Die Studienautoren unter Leitung des Umweltbundesamtes sind deutlich: „Insgesamt wird die Einhebung einer Citymaut im bestehenden Großraum Graz empfohlen.“ Diese finanzielle Lenkung brächte mehr Menschen dazu, ihren Pkw stehen zu lassen, als ein fixer autofreier Tag pro Woche.

Eineinhalb Jahre haben die Experten erhoben, wie sich Citymaut oder autofreier Tag auf die Luftgüte in Graz und Umgebung auswirken würden. Allerdings stehen Landes- und Stadtpolitik auf der Bremse: Trotz der Erkenntnisse aus der 70.000 Euro teuren Studie wird es weder eine Citymaut noch autofreie Tage geben.

„Das halbe Prozent Verbesserung beim Feinstaub bringen uns auch verbesserte Motoren“, begründet ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl. Er spielt auf die jüngsten Auswertungen der zuständigen Landesabteilung an: Demnach betrage der Anteil des Kfz-Verkehrs am Feinstaub „weniger als zehn Prozent“, wie Hofrat Gerhard Semmelrock umreißt. 2007 waren es 20 Prozent.

Das ist die eigentliche Überraschung der Expertise. Die Feinstaub-Konzentration habe sich zuletzt halbiert, beteuert Semmelrock. Auch bei den Stickoxiden gehe der Trend nach unten. Beim Feinstaub sei auffallend, wie sich die Quellen verlagert haben: Der Anteil der Heizens habe zugenommen, von 21 Prozent 2007 auf 28 Prozent 2017.

Drei oder acht Euro

„Die Hysterie ums Autofahren können wir in Bezug auf den Feinstaub also jetzt weglassen“, kommentiert Stadtchef Nagl. Dabei drehte sich die gesamte Studie darum: Die Vorgabe war, die Stickoxide durch den Kfz-Verkehr um 20 Prozent zu reduzieren. Damit würde deren erlaubter Grenzwert eingehalten werden. Beim Feinstaub war wegen der vielfältigen Emissionsquellen keine genaue Vorgabe möglich.

Durchgespielt wurden mehrere Szenarien von Verkehrsströmen. Räumlich Graz oder Graz und die südlichen Umlandgemeinden, in einer Variante wurde auch der Norden einbezogen. Für die Citymaut wurden zwei Tarife kalkuliert, drei Euro oder acht Euro pro Tag. Je nach Modell ginge der Autoverkehr demnach zwischen vier und zehn Prozent zurück. Am meisten sinkt er bei einer Citymaut mit Kosten von acht Euro pro Werktag: von derzeit 42 auf 32,2 Prozent. Die Anzahl der zurückgelegten Kilometer pro Jahr würde um rund 20 Prozent sinken; derzeit sind es knapp sechs Millionen. Ein autofreier Tag pro Woche würde den Kfz-Anteil im täglichen Verkehr auf 35 Prozent drücken.

Kommentare