Nobelpreisträger in Floridsdorf: „Ein Jahrhundertereignis“

Nobelpreisträger in Floridsdorf: „Ein Jahrhundertereignis“
Der Physiker Anton Zeilinger beamte sich quasi über die Donau, um in der VHS Floridsdorf 1.000 Menschen zwei Stunden lang in seine Quanten-Welt zu entführen.

Der Herr Professor hatte seine „Gaude“, wie man so schön sagt: Mit sich, mit der Physik, seinem Vortrag über „Die Wunderwelt der Quanten“ und mit 696 Menschen im bis auf den letzten Platz gefüllten Festsaal der Volkshochschule Floridsdorf – 300 weitere Interessierte lauschten den Ausführungen von Anton Zeilinger im Livestream.

„Ein Jahrhundertereignis“, hatte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei seiner Begrüßung ein bisserl euphorisch angemerkt. Dabei dachte der Stadtchef weniger an seinen Heimatbezirk (wobei der Floridsdorfer Fußball-Bundesligist FAC froh wäre über ähnlich viel Interesse). Ludwig hatte mehr die Volksbildung im Sinn. Konnte das auch plausibel begründen: „Das letzte Mal, als ein Nobelpreisträger in einer Wiener Volkshochschule einen Vortrag hielt, war im Jahr 1921 – ein gewisser Albert Einstein.“

Einstein war gleich ein Stichwort für Anton Zeilinger, der im Vorjahr mit einem „passionierten Segler“ (dem US-Physiker John F. Clauser) und einem „richtigen Weinkenner“ (dem französischen Physiker Alain Aspect) in Stockholm den Nobelpreis für Physik bekommen hatte.

Nobelpreisträger in Floridsdorf: „Ein Jahrhundertereignis“

Volle Hütte in der Nähe vom Floridsdorfer Spitz

„Im Zehn-Finger-System“

Zeilinger über Einstein: Während man zu dessen Zeiten noch auf „Gedankenexperimente“ angewiesen war, hätte die moderne Physik mit ihren Experimenten etliche Erklärungen nachgereicht.

Launig und doch präzise erzählte der passionierte Naturwissenschafter, der auch einmal einen VHS-Kurs besucht hat („Schreibmaschine schreiben im Zehn-Finger-System“) seinem Publikum von „der Unteilbarkeit der Quanten“, vom „Prinzip des Zufalls in der Physik“, vom „Zauber des Teleportierens“, „Verschlüsseln von Nachrichten“ sowie von der „Verschränkung von Teilchen“.

Dass ihm nicht alle 696 Zuhörer im Festsaal bis ins letzte Detail folgen konnten, nahm Zeilinger nach zwei Stunden Bühnenpräsenz mit der ihm eigenen Gelassenheit: „Wichtig ist nur, dass ich ein grundsätzliches Interesse erwecken konnte.“

Nobelpreisträger in Floridsdorf: „Ein Jahrhundertereignis“

Auch Historiker Michael Ludwig hatte mit „der Verschränkung der Teilchen“ so seine Erklärungsnot, wie eine Nachfrage des KURIER offenbarte. Dem Vorschlag des Reporters, seiner uneinigen Partei eine Verschränkung zu verordnen, bei gleichzeitiger „Unteilbarkeit der Quanten“, konnte er immerhin etwas abgewinnen. Mit einem Lächeln fügte er hinzu: „Auch wenn wir Sozialdemokraten lieber von Solidarität sprechen.“

Zu misstrauen ist übrigens Politikern, die ihre Politik als „Quantensprung“ verkaufen. Der Physiker Zeilinger: „Dabei wird die kleinstmögliche Energie freigesetzt.“ Wirklich verstanden haben seinen Vortrag Sarah Horak und Valerie Künzl. Zur Ehrenrettung des Bürgermeisters sei hinzugefügt, dass die jungen Frauen technische Physik an der TU Wien studieren. Angetan waren beide von der Leichtigkeit, mit der ihr berühmter Kollege schwierige Sachverhalte auf den Punkt brachte.

Lang anhaltender Applaus am Ende. Der Ausflug über die Donau dürfte sich für Anton Zeilinger gelohnt haben. Falsch ist im Übrigen die Annahme, dass der gebürtige Oberösterreicher Transdanubien nicht kennen würde: „Nein, nein, nein. Ich kenne Floridsdorf gut, wegen der guten Heurigen hier und auch wegen der Einkaufsmöglichkeiten.“ Welche Möglichkeiten er damit konkret meinte, sollte wenigstens an diesem Abend sein wunderbares Geheimnis bleiben.

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