Millionencoups: Das Netzwerk der falschen Polizisten

Millionencoups: Das Netzwerk der falschen Polizisten
Mit dreisten Lügen erbeuteten sie Geld und Gold, spähten sogar die Bankkonten ihrer Opfer aus. Der Kopf der Bande, ein Türke, wurde so steinreich.

An einem Novembertag im Jahr 2022 trat Frau K. aus Amstetten vor ihr Haus und legte einen Schatz in die Einfahrt. Vielleicht freute sie sich in dem Moment sogar, weil die Niederösterreicherin gedacht haben muss, alles richtig gemacht zu haben. Ganz so, wie man es ihr am Telefon gesagt hatte.

Doch sie war auf Betrüger hereingefallen. Benjamin B., ein mehrfach vorbestrafter Österreicher, soll die Goldbarren im Wert von mehr als 289.000 Euro aus der Einfahrt abgeholt haben, während sein mutmaßlicher Komplize, ein 30-jähriger Deutscher, Schmiere stand. In einem Mietwagen fuhren die beiden schließlich zurück nach Wien, wo sie die Beute hinter einem Strauch versteckten. Der Lohn für ihre Dienste: 500 Euro.

 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und Ermittler mehrerer Landeskriminalämter sind sich sicher, dass B. und der 30-Jährige kleine Rädchen einer kriminellen Organisation sind, die in Österreich einen immensen Schaden in der Höhe von sechs Millionen Euro angerichtet haben soll. Wie der KURIER in Erfahrung bringen konnte, sollen mindestens 70 Taten auf das Konto der Bande gehen.

Die Hintermänner

Was die Causa so besonders macht, ist der Umstand, dass es den Fahndern gelang, auch Verdächtige auszuforschen, die mit den Coups in Österreich tatsächlich reich wurden. Geht es nach der WKStA, dann ist Yusuf D. Kopf der Bande. Mit mehreren Mittätern soll er in der Türkei ein Callcenter eingerichtet haben, von wo aus die Telefonbetrügereien stattfanden. Die Vorgehensweise ist hierzulande auch unter dem Begriff Polizeitrick bekannt.

Warum Frau K. aus Amstetten den Betrügereien auf dem Leim ging, wurde in einer Anklageschrift, die dem KURIER vorliegt, ebenfalls dokumentiert. Sie soll vor einer angeblich korrupten Bankmitarbeiterin gewarnt worden sein, die sich ihre Wertpapiere aneignen wolle. Ein sogenannter Telefonkeiler legte ihr deshalb nahe, ihre Wertpapiere zu veräußern und stattdessen Gold zu kaufen. Den Tätern gelang es dabei sogar, sich mittels Fernwartesoftware „TeamViewer“ Zugriff zum Laptop des Opfers zu verschaffen und so das Bankkonto der Frau auszuspähen.

Lügen am Telefon

Um viel Geld gebracht wurde unter anderem auch Frau E. aus Linz in Oberösterreich. Sie übergab einem falschen Polizisten 33.800 Euro.

Zuvor war der Dame am Telefon eingeredet worden, dass sie ihr Geld von der Bank abheben müsse, weil es sonst von einer Einbrecherbande nach Russland verschoben werden könnte. Sie glaubte tatsächlich diese Lüge.

Abhörsicher

Fest steht, dass die professionell agierende Bande nichts dem Zufall überließ. Sie benutzte laut Ermittlern „gespoofte“, also vorgetäuschte Rufnummern, kommuniziert innerhalb der Organisation zudem nur über abhörsichere Messengerdienste. Sogenannte Logistiker waren dafür zuständig, Abholer anzuwerben und den Weitertransport der Beute in die Türkei zu organisieren. Logistiker und Abholer sollen laut den Fahndern ebenfalls in ständigem Kontakt gestanden sein.

Drei Männern, die Geld und Gold von den Opfern entgegennahmen, wird demnächst in St. Pölten der Prozess gemacht. Sie sitzen derzeit in U-Haft.

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