Kein Wasser, keine Toiletten, keine Zuversicht: Hilfe in Bulgarien

Ein Kind sitzt inmitten von Trümmern und Müll vor einer notdürftigen Behausung.
Der Sozialverein Concordia versorgt in den Armenvierteln Sofias, die Menschen mit Kleidung, Nahrung und Hoffnung

Markus Inama muss den Kopf einziehen, um die kleine Hütte betreten zu können: Sie ist aus Spanplatten, Plexiglas und Wellblechdach notdürftig zusammengezimmert. Im einzigen Raum der Hütte leben zehn Personen.

Eine davon ist die neunjährige Nadezhda, deren Name auf Deutsch Hoffnung bedeutet. Das Mädchen mit dem rosafarbenen T-Shirt lächelt den Jesuitenpater Markus Inama an. Sie hüpft auf einer der zwei Matratzen, die fast den gesamten Raum einnehmen; dann läuft sie wieder nach draußen.

Es gibt kein fließend Wasser und auch keine Sanitäranlagen in dieser Mahala, der Roma-Siedlung nahe der ehemaligen Zuckerfabrik (Zaharna Fabrika) in Sofia.

Die Kinder spielen barfuß zwischen Bauschutt und leeren Plastikflaschen.

Ein Mann mit Brille umarmt drei lachende Mädchen.

Seit 80 Jahren würde seine Familie hier wohnen, erzählt Peter, Nadezhdas Vater. Sie hätten sich um eine Gemeindewohnung bemüht, fährt er fort. Aber ob sie eine bekommen, wer wüsste das? Er sei dankbar für die Hilfe von Concordia. Der Hilfsverein versorgt die Familie mit Kleidung, Essen und auch Windeln für den vier Monate alten Lubku.

Hilfe vor Ort

Markus Inama ist froh, dass seine Kollegen nun auch in dieser Mahala tätig sind. „Früher habe ich oft von der Brücke heruntergeschaut und mir gedacht, oh, hier gibt es viel Hilfsbedarf. Aber wir hatten damals mit unseren Projekten alle Hände voll zu tun.“ Der Jesuitenpater, heute Vorstandsmitglied des Sozialvereins Concordia und derzeit auf Besuch in Sofia, hat zwischen 2008 und 2012 hier gelebt und den Concordia-Standort Bulgarien mitaufgebaut.

Ein Mann mit Brille lehnt an einem Geländer vor einer mit Graffiti bemalten Wand.

Bulgarien gilt als ärmstes Land der EU. Mit umgerechnet 1,57 Euro hat es den niedrigsten Mindeststundenlohn der 28 Mitgliedsstaaten. 2008 beschloss der Verein Concordia, der seine Tätigkeit in Rumänien begann, deshalb sein Einsatzgebiet zu erweitern. Markus Inamas erste Aufgabe: Eine leer stehende Mühle am Rande Sofias in das Sozialzentrum Sveti Konstantin zu verwandeln.

Ein Mann und eine Frau halten ein Schwarzweißfoto von Kindern in einem Raum.

„Ich kann mich gut daran erinnern, als er eines Tages lachend und glücklich vom Amt gekommen ist, weil er endlich die notwendigen Papiere für die Kinder-Wohngruppe hatte“, erzählt Dilyana Gyurova, die das Sozialzentrum mit Markus Inama aufgebaut hat und es heute leitet.

Eine Frau arbeitet an einem Tisch mit Wachsplatten und Werkzeugen.

860 Menschen hat Concordia in den vergangenen zehn Jahren betreut. Während sie zunächst Kindern aus ärmsten Verhältnissen ein Zuhause boten, konzentrieren sie sich nun darauf, Pflegefamilien zu finden oder familienähnliche Wohnhäuser zu errichten.

Für die Älteren gibt es etwa die Möglichkeit, in einer Kerzen- oder Tonfabrik mitzuarbeiten sowie eine Friseurlehre zu absolvieren. Ziel ist stets, sie auf eigene Beine zu stellen: Hilfe zur Selbsthilfe.

Fußball verbindet

Eine Gruppe junger Leute steht zusammen, einige tragen Sportbekleidung mit dem Logo „Concordia Fußballklub“.

Auch mit Freizeitangeboten wollen sie die Kinder und Jugendlichen unterstützen. Der Fußballverein zählt zu diesen Angeboten. Zum Training dürfen nur die kommen, die gute Leistung en in der Schule bringen. 60 Jugendliche spielen regelmäßig, bei den Turnieren matchen sie sich mit den regulären Teams des Landes. Seit Kurzem gibt es eine Frauenmannschaft.

Als sich Markus Inama auf dem Trainingsplatz einfindet, kommen einige Jugendliche lachend auf ihn zu.

Ein junger Mann im Fußballtrikot von Barcelona steht mit verschränkten Armen auf einem Fußballplatz.

Einer ist der 16-jährige Georgi Liev. Er kam mit sechs Jahren in der Kinder-Wohngruppe des Sveti Konstantin unter. Sein Vater sitzt seit vielen Jahren im Gefängnis, seine Mutter hatte ihn und seine Geschwister eines Nachts verlassen. Seine Jugend war nicht einfach, zwischendurch hat er sich mit den Falschen angefreundet, ist abgerutscht. Das Fußballspielen hat ihm eine neue Perspektive gegeben.

Eine Schwarzweißaufnahme von vier Kindern, die zusammen in einem Raum stehen.

Mittlerweile lebt Georgi mit seiner Schwester in einer Jugend-WG im Sveti Konstantin, die Wand hinter seinem Bett ist mit Messi-Bildern beklebt. Er möchte Profi-Spieler werden.

So unwahrscheinlich ist das nicht: Dieses Jahr ist er Torschützenkönig.

***

Der Verein Concordia

Drei lächelnde Kinder stehen eng beieinander in einer armen Gegend.

Der Verein „Concordia Sozialprojekte“ wurde 1991 vom Jesuitenpater  Georg Sporschill gegründet, um Straßenkindern in Rumänien zu helfen. Heute ist der Verein in Rumänien, Bulgarien und Moldawien aktiv und betreut neben  Straßenkindern  auch  Familien und Suchtkranke.    

Zehn Jahre in Bulgarien

Bulgarien gilt als ärmstes Land in der EU. Besonders betroffen sind junge Roma. Jesuitenpater Markus Inama hat vor zehn Jahren mitgeholfen, den Concordia-Standort aufzubauen und den jungen Menschen, aber auch Älteren wieder Hoffnung zu geben.

Spendenkontakt

Um zu helfen, ist der Verein auf Spenden angewiesen. IBAN:  AT66 3200 0000 0703 4499 BIC/SWIFT: RLNWATWW

 

Kommentare