Jährlich rund 4.600 Verletzte bei Rodelunfällen

Rodeln entwickelt sich in Österreich immer mehr zum Trendsport. Doch die Gefahren werden dabei oft unterschätzt. Nach Angaben des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) müssen jedes Jahr rund 4.600 Menschen nach Unfällen im Krankenhaus behandelt werden. Im Schnitt gibt es bei Rodelunfällen jährlich auch zwei Tote. Neben der richtigen Ausrüstung sollte beim Rodeln auch der richtige Umgang mit dem Schlitten gelernt werden (mehr dazu unten).
"Rodeln ist die älteste Wintersportart in Österreich und hat sich zur Breitensportart entwickelt", sagte Christian Kräutler vom KFV. Das bleibt nicht ohne Folgen. Mangelnde Ausrüstung, Selbstüber- und falsche Risikoeinschätzung führen bei dem als eher harmlos geltenden Winterspass auch für Kinder zu den teils schweren Unfällen. Rund ein Viertel der 4.600 Verletzten sind Buben und Mädchen bis 14 Jahre. Weitere 20 Prozent junge Erwachsene bis 24 Jahre, die Hälfte Erwachsene, so die Zahlen des KFV.
"Sich eine Rodel auszuleihen, ist relativ einfach, komplizierter ist das Runterrodeln", sagte Michael Bielowski, Präsident des Österreichischen Rodelverbands bei einer Pressekonferenz in Igls. Der Experte empfahl "entsprechende Schulungen, um die notwendige Technik zu erlernen". "Mit ein wenig Training und einigen einfachen Tricks ist ein uneingeschränkter und vor allem sicherer Rodelspaß möglich", betonte der Fachmann.
Gefährliche Plastik-Bobs
Entscheidend ist auch das richtige Sportgerät. "Besonders gefährdet sind vor allem Kinder, die in Plastik-Bobs unterwegs sind", erklärte Bielowski. Hier haben die flachen Schalen keine Kufen, es bleibt fast kein Widerstand. Diese Geräte seien weder "steuer-, noch lenk- und bremsbar", warnte Bielowski. Hinzu kommt das geringe Körpergewicht von Kindern. "Bobs sinken nicht wie normale Rodeln in den Schnee ein und kommen deshalb schwer zum Stehen", sagte der Präsident. Es passieren "über ein Viertel bis fast die Hälfte der Unfälle mit Plastikbobs und aufblasbaren Geräten", sagte Kräutler. "Sie haben auf einer Rodelbahn nichts verloren", warnte der Experte.
Riskantes Nachtrodeln
Besonders beliebt und ebenso riskant ist Nachtrodeln: Mehr als 20 Prozent der Unfälle passieren nach 20.00 Uhr. Inwiefern in diesen Fällen Alkohol im Spiel ist, bleibt laut den Experten unklar. Doch internationale Studien würden zeigen, dass im Schnitt 20 Prozent der Rodler alkoholisiert sind, sagte Kräutler. Diese Zahl ist ab 17.00 Uhr deutlich höher, erklärte der KFV-Experte. Hinzu kommt abends auch die schlechte Sicht, nur die wenigsten Rodler sind mit Stirnlampe unterwegs.
Die KFV-Unfallforschung hat mittels Befragungen in Spitälern hochgerechnet, dass eben jährlich rund 4.600 Verletzte behandelt werden müssen. Die meisten verunfallen beim Rodeln mit rund 1.000 Personen in Tirol, gefolgt von rund 900 Verletzten in Salzburg und je 700 in Nieder- sowie Oberösterreich.
Stürze von der Rodel häufigste Unfallart
Die häufigste Unfallart sind laut KFV-Freizeitunfallstatistik Stürze von der Rodel (72 Prozent) sowie Zusammenstöße (21 Prozent) sowohl mit Fußgängern, Hunden, aber auch festen Hindernissen wie Bäumen. In mehr als der Hälfte der Fälle erleiden die Wintersportler Knochenbrüche (54 Prozent), gefolgt von Sehnen- und Muskelverletzungen mit jeweils 21 Prozent. Besonders schwerwiegend sind Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen mit jeweils rund 17 Prozent.
Nach Geschlechtern ziehen sich Frauen die meisten Verletzungen mit jeweils 17 Prozent an Kopf und Knie zu, gefolgt vom Fußgelenk bzw. Knöchel mit 16 Prozent. Männer verletzten sich in rund einem Viertel der Fälle am Knie, 18 Prozent betreffen Fußgelenk und Knöchel. Und besonders problematisch: 94 Prozent der Verunfallten trugen zum Unfallzeitpunkt keinen Helm.
Keine Helmpflicht für Kinder in Ö
"Gerade Kinder sind von Kopfverletzungen betroffen", erklärte Kräutler. Ihr Kopf ist im Verhältnis zum Körper größer, die Nackenmuskulatur noch nicht so stark ausgeprägt. "Kinder fallen auf den Kopf. Daher empfehlen wir, dass Kinder einen Helm haben sollen", sagte Kräutler. In Südtirol etwa besteht generell eine Helmpflicht für Kinder unter 14 Jahren. In Österreich müssen Kinder bis 15 Jahre beim Befahren von Skipisten einen Helm tragen. Rodeln außerhalb von Skipisten ist davon ausgenommen. Hierzulande soll "auf freiwilliger Basis für das Tragen eines Helms beim Rodeln ein Bewusstsein geschaffen werden", forderte der KFV-Experte.
Um Unfälle zu vermeiden, sollte neben der richtigen Ausrüstung auch der richtige Umgang mit dem Schlitten gelernt werden. So gibt es hier etwa spezielle Brems- und Kurventechniken. Gebremst werden muss immer mit der gesamten Fußsohle und nicht nur mit der Ferse, erklärte die viermalige Österreichische Staatsmeisterin im Naturbahnrodeln, Sandra Mariner.
Dazu sollte auch immer eine Hand das Seil halten, mit der anderen kann ausgeglichen und in Kurven gelenkt werden. "Wenn man ganz vorne sitzt, lenkt man die Rodel am leichtesten", erklärte der ehemalige Rennrodler und nunmehrige Trainer der Juniorenmannschaft, Florian Batkowski. Beim Lenken soll man sich immer in Richtung der Kurve lehnen, erklärten die beiden Profi-Rodler.
Richtige Ausrüstung
Helm und Brille gehören beim Rodeln zur Standardausstattung. Wichtig ist auch ein festes Schuhwerk mit tiefem Profil, Skihandschuhe und wasserabweisende Kleidung. Nach einigen Aufwärmübungen soll die erste Abfahrt dafür genützt werden, um sich mit den Streckenbedingungen und dem Gefährt vertraut zu machen, riet Michael Bielowski, Geschäftsführer des Österreichischen Rodelverbands.
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) hat im Frühjahr 2015 insgesamt 300 Rodler befragt. Acht von zehn gaben an, zu wissen, dass sie die Rodel nicht immer im Griff haben, sagte Christian Kräutler vom KFV. Die Befragten sagten weiters, dass sie pro Rodeltag ein bis zweimal stürzten. Wichtig ist nach Angaben der Experten, Streckenhinweise und das Verhalten andere Fahrer immer im Blick zu haben, die Geschwindigkeit den Sicht- und Untergrundverhältnissen sowie dem eigenen Können anzupassen. Alkohol hat auf der Rodelstrecke nichts verloren.
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