HCB-Zukunftsplan spielt zweite Geige

Eine Zementfabrik mit Silos und einem hohen Turm vor einem bewaldeten Hügel.
Bei der zweiten Bürgerversammlung standen die vielen ungelösten Probleme im Zentrum.

Die Idee klingt gleichermaßen logisch wie genial: Bürger des Görtschitztals sollen selbst einen "Masterplan" erstellen, um der Region nach dem Hexachlorbenzol-Umweltskandal ein neues Image und eine positive Zukunft zu geben. Die Umsetzung gestaltet sich allerdings schwierig, weil die Betroffenen mit der aktuellen Aufarbeitung der Luftverpestung beschäftigt sind und befürchten, dass im "w&p"-Zementwerk erneut Blaukalk verbrannt werden soll.

Nur drei Dutzend Bewohner des Görtschitztals besuchten diese Woche die zweite Bürgerbeteiligungsversammlung zur Erstellung des Masterplans im Gemeinschaftszentrum Brückl. Mehr als die Hälfte der Tische blieb unbesetzt. Helmut Hiess vom Wiener Beratungsunternehmen "Rosinak & Partner" und Andreas Duller von Regionalmanagement " kärnten:mitte" machten darauf aufmerksam, dass man ans Morgen denken und die Region auf die Zukunft vorbereiten müsse.

"Aber es sind viele Dinge aus der Vergangenheit und der Gegenwart nicht erledigt. Beispielsweise warten die Betroffenen auf Schadenersatzleistungen von Seiten des Landes", sagte Bewohnerin Ingeborg Slamanig.

Das Land habe außerdem nie kategorisch ausgeschlossen, den Blaukalk auch in Zukunft vor Ort zu verbrennen – dies sorge weiterhin für Verunsicherung.

"Wir sind uns einig: Wietersdorfer darf keinen Blaukalk, keinen ausländischen Müll und keine Ersatzbrennstoffe mehr verwerten", forderte Anrainerin Elfriede Steindorfer.

Vorerst keine Sanierung

Nur wenige hundert Meter vom Veranstaltungsort entfernt lagern 150.000 Tonnen Blaukalk. Dieser wurde zwar abgedeckt, vergiftet aber weiter die Luft in Brückl.

Die Sanierung ist aufgeschoben. "Das Land führt Verhandlungen mit den beteiligten Firmen, um dieses Problem zu lösen", teilte Leo Murer, Büroleiter von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) den Anwesenden mit.

Der erntete damit Kopfschütteln. Denn die Anrainer hatten Neuigkeiten erwartet, und nicht die Wiederholung der Statements vom Jahreswechsel: "Unter solchen Voraussetzungen sollen wir Marketing- und Tourismusmaßnahmen diskutieren?", fragten sich Anwesende.

Aber zumindest die Forschung möge ihre Lehren aus dem Umweltskandal ziehen. Folglich wurde von den Bürgern doch ein Wunsch für die Zukunft ausformuliert: In der Region möge ein HCB-Forschungszentrum errichtet werden, in dem sich internationale Experten mit dem außergewöhnlichen Phänomen HCB befassen sowie die Auswirkungen auf Mensch, Tier und Natur untersuchen sollen. Das Land Kärnten solle beim Bund und bei der EU um Fördermittel ansuchen. Doch den Bewohnern war förmlich anzusehen, dass sie auch an der Umsetzung dieser Forderung Zweifel hegen.

Masterplan: Das Regionalmanagement "kärnten:mitte" wurde im April von der Kärntner Landesregierung aufgrund der HCB-Problematik mit der Erstellung eines Masterplans für das Görtschitztal beauftragt.

Das Ziel: Ziel ist, ein neues Image für die Region zu erarbeiten, deren Weiterentwicklung mit Ideen und Vorschlägen aus der Bevölkerung zu ermöglichen. Beleuchtet werden die Themengebiete Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Tourismus, Freizeit, Gemeinwesen, Wohnen, Verkehr, Müllverbrennung, Deponie-Sanierung, Image und Lukrierung von Fördermitteln. Bei der ersten Bürgerversammlung Anfang Mai verließen zahlreiche Menschen den Saal, weil Gerüchte zur Fortsetzung der Blaukalkverbrennung in Klein St. Paul aufgekommen waren. Auch bei der zweiten Versammlung konnten diese nicht entkräftet werden.

Der Zeitplan: Bis Sommer soll gemeinsam mit den Bürgern ein Masterplan für einen Neustart erarbeitet werden. Begleitet wird das Regionalmanagement von dem auf Beteiligungsprozesse spezialisierten Beratungsunternehmen "Rosinak & Partner." Der Masterplan soll im Juli der Kärntner Landesregierung vorgelegt werden.

Das Zukunftskomitee: Parallel dazu wird in den nächsten Wochen das Zukunftskomitee mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Zivilbevölkerung gegründet.

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