Gedanken eines Justizwachebeamten
Der Strafvollzug in Österreich steht seit einiger Zeit häufig mit negativen Schlagzeilen im Interesse der Öffentlichkeit. Die Vorwürfe der Medien und Kontrollorgane (unter anderem der Volksanwaltschaft), dass viele Bedienstete nicht die richtige Einstellung zum Strafvollzug haben, ist nicht alleine ein Problem der Vollzugsbediensteten, sondern ein gesellschaftliches Problem. Der Strafvollzug in Österreich ist ein ungeliebtes „Anhängsel“ der Gesellschaft und die vielen positiven Leistungen der Bediensteten werden nicht anerkannt und gelangen auch nicht an die Öffentlichkeit.
Es ist der Bevölkerung nicht bewusst, dass im Strafvollzug an der Wiedereingliederung der Menschen gearbeitet wird, damit diese nach deren Entlassung ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft werden. Ich sehe den Strafvollzug als Spiegel der Gesellschaft. Wenn zum Beispiel bei einer Diskussion über einen möglichen Standort für die Unterbringung von geistig abnormen Straftätern eine an sich intelligente Frau ernsthaft die Forderung stellt, dass man "diese Verbrecher doch nach Sibirien schicken soll", so frage ich mich schon, wie hoch der Stellenwert des Strafvollzuges ist.
Natürlich ist eine Vermehrung des Personals aller Berufsgruppen im Strafvollzug dringend notwendig, dies ist jedoch nur politisch durchsetzbar, wenn der Strafvollzug einen wesentlich höheren Stellenwert in der Gesellschaft bekommt. Dazu sind jedoch die Politik und die Medien aufgefordert, dem Strafvollzug die notwendige Akzeptanz zu verschaffen und die Öffentlichkeit über die tatsächlichen positiven Leistungen zu informieren. In einigen europäischen Staaten, in denen der Strafvollzug einen deutlich höheren Stellenwert hat, können wesentlich mehr Ressourcen bereitgestellt werden als dies in Österreich der Fall ist. Mit höherer Anerkennung des Strafvollzuges und damit auch seiner Bediensteten ist die Arbeit, die wir letztendlich ja für die Öffentlichkeit leisten, wesentlich leichter zu erfüllen. Es ist ja ein Dienst an der Gesellschaft und der Strafvollzug ist Teil dieser.
Ich selbst halte in meiner Dienststelle viele Informationsveranstaltungen mit jungen Menschen und mit Personen aus verschiedenen Bereichen ab. Nach solchen Veranstaltungen erhalte ich sehr viele positive Rückmeldungen und kann damit einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass wieder einige Menschen die Arbeit im Strafvollzug schätzen und Verständnis für Menschen hinter Gittern haben.
Dass Fehler in der Vergangenheit passiert sind, kann und soll keiner leugnen oder versuchen zu verniedlichen. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen und welche wirksamen Maßnahmen getroffen werden, um künftig Fehler zu vermeiden. Es darf keiner von sich glauben, dass er keine Fehler machen wird. Äußerungen von Personalvertretern im Report vom 8. Juli 2014 sind nicht geeignet, die Aufarbeitung von Fehlern zu erleichtern und das Ansehen des Strafvollzuges in der Bevölkerung zu steigern.
Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass nicht in allen Justizanstalten die Problematik der fehlenden Ressourcen äußerst groß ist. In meiner Dienststelle hat die Arbeit für und mit Insassen einen sehr hohen Stellenwert, sodass es nur wenige Tage im Jahr vorkommt, dass einzelne Betriebe geschlossen werden. Es ist vielmehr so, dass Justizwachebeamte ein hohes persönliches Risiko eingehen, um möglichst viele Insassen eine Beschäftigung zu ermöglichen.
Kommentare