Flüchtlinge: Stadt Salzburg warnt vor einem Chaos

In Salzburg ist die Situation am Freitagvormittag laut Informationen der Stadt "weiterhin überaus angespannt" gewesen. In der ehemaligen Autobahnmeisterei der Asfinag hielten sich rund 1.400 Flüchtlinge auf, weitere 600 mussten die Nacht auf heute in der Bahnhofshalle verbringen.
In der Abfertigungszone an der Grenze zu Freilassing warteten zudem am frühen Freitagvormittag 230 Menschen auf die Einreise nach Deutschland. Wegen des starken Zustroms haben gestern am Abend die deutschen Grenzbehörden die Abfertigungsrate für einige Zeit auf 100 Personen pro Stunde erhöht. Diese Quote ist seit Mitternacht wieder auf 50 pro Stunde reduziert worden. Dennoch wurde für die Mittagszeit ein weiterer Sonderzug aus der Steiermark mit 500 Flüchtlingen mit Ziel Salzburg angekündigt.
Die Tiefgarage am Salzburger Hauptbahnhof ist seit heute nicht mehr als Notunterkunft für Transitflüchtlinge verfügbar. "Sie wird der Parkgaragengesellschaft zurückgegeben", sagte ein Sprecher der Stadt.
Stadt warnt vor Chaos
Bereits am Donnerstagabend hat die Stadt Salzburg vor einem Chaos gewarnt. "Offensichtlich auf höhere Anweisung werden jene 700 Flüchtlinge, die für die Schwarzenbergkaserne bestimmt waren, nun doch zur Asfinag gefahren und nicht zum Beispiel an einen Grenzübergang in einem anderen Bundesland", hieß es in einer Aussendung. Magistratsdirektor Floss sprach von "einer menschenunwürdigen Vorgangsweise".
"Die Asfinag ist bereits überfüllt. Das ist bekannt. Und trotzdem werden - ohne nähere Information und über die Köpfe der Bezirkseinsatzleitung hinweg - nun weitere Menschen hier her gebracht. Den Grund wissen wir nicht. Auch nicht, wie viele Busse tatsächlich kommen. Es dürften aber mehrere hundert Personen sein. Wir können eine menschenwürdige Versorgung so vieler in so kurzer Zeit nicht sicherstellen."
Für die Stadt bedeute das eine völlig unnötige Gratwanderung, erklärte Floss. Es drohe ein Chaos. Bisher habe man die Situation im Sinne der Bevölkerung und der Flüchtlinge im Griff gehabt. "Wenn uns von außen ständig und äußerst kurzfristig das gut funktionierende System umgehauen wird, dann müssen auch jene die Verantwortung dafür übernehmen, die uns das einbrocken. Diese Vorgangsweise ist menschenunwürdig."
3.200 Flüchtlinge in der Stadt
Am Donnerstagnachmittag ist die Lage in Salzburg erneut vorübergehend eskaliert: Rund 3.200 Transitflüchtlinge hielten sich um 16.00 Uhr in der Stadt auf. Damit waren die Unterbringungskapazitäten mehr als ausgeschöpft, wurde betont.
Zusätzlich seien dann noch 1.500 Flüchtlinge von der Verkehrsleitzentrale des Innenministeriums mit Bussen von Spielfeld (Steiermark) angekündigt worden. Erst nach einer massiven Intervention von Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) im Bundeskanzleramt sei es gelungen, den Zustrom großteils umzuleiten, hieß es aus dem Magistrat. Auch Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) habe sich dafür stark gemacht. "Laut Auskunft der Polizei werden 700 nun in Zelte in der Schwarzenbergkaserne verbracht. 400 fahren weiter nach Kufstein, 200 an Grenzübergänge in Oberösterreich."
Gegen 16.00 Uhr befanden sich mehr als 2.000 Transitflüchtlinge in der alten Asfinag-Autobahnmeisterei an der Münchener Bundesstraße rund zwei Kilometer vor dem Grenzübergang Freilassing. Zudem hielten sich rund 600 Flüchtlinge im Bereich der Bahnhofshalle auf. Und rund 600 warteten auf den Übertritt an der Grenze zu Freilassing (Bayern).
Um Salzburg etwas zu entlasten, wurde mit den deutschen Behörden vereinbart, bis Mitternacht 100 Personen pro Stunde zu übernehmen, erklärte der Polizeisprecher.
"Unser dringender Appell 'Haltets das auf' hat offensichtlich in letzter Minute gewirkt", erklärte Bürgermeister Schaden gegen Abend. "Erneut ist der Verdacht stark da, dass die deutsche Seite unter Druck gesetzt werden sollte. Einen Versuch haben wir mit dem Marsch der 1.200 Flüchtlinge durch die Stadt an die Grenze ja schon erlebt."
Auch Magistratsdirektor Martin Floss machte seinen Ärger kund: "Man darf nicht auf dem Rücken der Menschen Politik machen. Weder auf dem der Flüchtlinge, noch auf dem der Helfer, die seit Monaten Tag und Nacht versuchen, geordnete Verhältnisse aufrecht zu erhalten."
Polizeigewerkschaft: Grenze der Belastbarkeit erreicht
Die Polizeigewerkschaft sieht mit dem Flüchtlings-Einsatz die Grenze der Belastbarkeit erreicht bzw. sogar "leider auch überschritten". In einem Brief an Regierung und Gewerkschaft Öffentlicher Dienst droht sie laut Presse (Freitags-Ausgabe) mit "gewerkschaftlichen Maßnahmen zur Durchsetzung" ihrer Forderungen u.a. nach mehr Personal, wenn bis Anfang Dezember nichts Nennenswertes passiert sei.
Die Exekutive sei auch mit "unermesslichem menschlichen Leid" konfrontiert, steht in dem Brief. Viele seien der Belastung nicht gewachsen. Nach dem 30. Tag im Krankenstand würden pauschalierte Zulagen für Polizisten eingestellt. Zu diesen finanziellen Nachteilen dürfe es nicht kommen. Das Fazit der Gewerkschaft: "Es ist an der Zeit, Lösungen zu präsentieren."
Kommentare