Stimmung bei den Fans: "Schade, wir hätten uns mehr verdient"

Stimmung bei den Fans: "Schade, wir hätten uns mehr verdient"
Von Wien bis Wembley haben Österreicherinnen und Österreicher der Herren-Nationalmannschaft die Daumen gedrückt.

von Anna-Maria Bauer, Martin Bernert, Mirad Odobasic, Stefanie Rachbauer, Lisa Trompisch

Ganz Österreich wollte am Samstag mit der National-Elf mitfiebern. So kam es einem zumindest an den Public Viewing Plätzen des Landes vor, die aus allen Nähten platzten. Es jubelt sich eben besser in Gesellschaft. Und letztlich trauert es sich wohl auch besser zusammen.

Im Schutzhaus auf der Wiener Schmelz war es bis auf den letzten Platz voll, die Obergrenze von 1.000 Besuchern vor dem Anpfiff schon erreicht. Mit Bier und Schnitzel beging man hier den Fußballabend. Jeder abgewehrte italienische Angriff wurde beklatscht. Nach dem ersten Gegentor wurde  es allerdings mucksmäuschenstill. Nach dem zweiten verließen die ersten Gäste das Schutzhaus. „Schade, wir hätten uns mehr verdient. Aber der Gegner hieß leider Italien“, sagt Besucher Alex.

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Das Schutzhaus auf der Schmelz war voll

Auch die fürs Public Viewing aufgestellten Liegestühle beim Burggasse-Anger in Wien-Neubau waren allesamt belegt. Für einen Blick auf den Fernseher reichte es manchen auch,  im angrenzenden Blumenbeet zu stehen. 

Und im Alten AKH – dem Urgestein unter den Public Viewing Plätzen in Wien – gab es für Spätentschlossene sowieso keine freien Plätze mehr. Im Salettl herrschte regelrechte Stadionstimmung. Zumindest zunächst.

In der Pizzeria Regina Margherita im 1. Bezirk waren am Samstagabend ein paar Promis geladen. Unter ihnen Tennisspieler Dominic Thiem, der mit kleiner Österreich-Fahne in der Hand anfeuerte. Und Dompfarrer Toni Faber, der zugab, dass ihn die Fußballleidenschaft nur zu Großereignissen und zum Wiener Derby packt. Zu Beginn ging er, wie wäre es anders zu erwarten, optimistisch in den Fußballabend hinein: „Wir hoffen immer auf Wunder, aber wahrscheinlich wird der Bessere gewinnen.“ 

Stimmung bei den Fans: "Schade, wir hätten uns mehr verdient"

Thiem: Fähnchen statt Schläger

Aber nicht nur hierzulande war die Euphorie groß. Lederhosen, Österreich-T-Shirts und rot-weiß-rote Schals fand man auch am Spielort London. Der Österreicher-Anteil im englischen Restaurant „Kipferl“ im Stadtteil Angel ist auch an normalen Tagen recht hoch. Auslandsösterreicher gönnen sich hier ein bisschen Heimat, bestellen Kalbsschnitzerl oder Apfelstrudel. 

Samstagabend war er kaum zu übertreffen. Nachdem Österreich vergangenen Montag mit ihrem Sieg gegen die Ukraine der Einzug ins Achtelfinale gelungen ist, hat Lokalbesitzer Hubert Zanier kurzfristig beschlossen, all jenen, die es nicht ins Stadion schaffen, ein gemeinsames Schauen zu ermöglichen. Zwei Fernseher wurden bestellt, die Nachricht in den sozialen Kanälen verbreitet. Wenig später war er bereits ausgebucht. 

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Das AAKH platzte aus allen Nähten

Wolfgang Heim, gebürtiger Bregenzer, sitzt mit befreundeten Auslandsösterreicherinnen an einem der Holztische im Inneren des Lokals. Eigentlich wäre er heute lieber im Stadion, aber trotz tagelangem Probieren hat er keine mehr ergattern können. Das „Kipferl“ war dann ganz klar die zweite Wahl. „Außerdem gibt es hier Käsespätzle.“ Kurz vor acht Uhr – man bedenke die Zeitverschiebung – ebbte das Stimmengewirr im Lokal plötzlich ab, die Hymnen tönen aus dem Lautsprecher  und die Blicke sind nun auf den Bildschirm geheftet, besorgtes Raunen geht durch die Reihen, wenn der Ball zu nahe ans österreichische Tor kommt. Erleichtertes Aufatmen, wenn es der Ball doch nicht ins Tor geschafft hat.  

In der Mitte des Lokals sitzt die gebürtige Kärntnerin Lisa Widnig, mit kleinen Österreich-Fahnen im Haar. Sie hat den ganzen Tag schon österreichische Popmusik gehört, um sich in Stimmung zu bringen. Dem Spiel blickt sie optimistisch entgegen: „Natürlich gewinnen wir!“

Und dann, nur wenige Minuten in der Verlängerung, das schmerzhafte Aufschreien. Statt Schnaps wird Kaffee bestellt, das Licht wird gedimmt.

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Hubert Zanier führt das "Kipferl" in London

Der Abpfiff kommt mit einer Welle der Enttäuschung. „Schade, sagt Wolfgang Heim mit belegter Stimme, zuckt mit den Schultern, blickt auf den Boden. „Es hat halt nicht sein sollen.“ Lisa Widnig sitzt mit glasigen Augen neben ihm. „Dabei waren wir gut in der Abwehr.“

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