Ihr erstes Tattoo bekam Waltraud Mandl zum 80. Geburtstag im Dezember von ihrer Familie geschenkt: „Wir hatten eine Feier, meine Schwiegertochter hat mir ihr neues Tattoo gezeigt, das hat mir sehr gefallen.
Scherzhalber habe ich gesagt: Mittlerweile sind ja alle in unserer Familie tätowiert, nur ich nicht. Meine Enkeltochter meinte daraufhin: ’Oma, das ist ja kein Problem. Du kriegst auch eines und ich weiß auch schon das Motiv.’“
Ein zierlicher Notenschlüssel, mit mehreren Noten verziert, ist nun also seit März am linken Unterarm verewigt, denn Waltraud Mandl war 57 Jahre lang passionierte Chorsängerin. Schmerzen spürt die agile Seniorin keine: „Ich habe nicht mal bemerkt, dass Viko schon mit dem Tätowieren begonnen hat.“
Und auch beim zweiten Termin verzieht sie kein einziges Mal die Miene. Im Gegenteil, es wird ständig gelacht und die Geschichten gehen auch nie aus.
Mama & Tochter gemeinsam unterwegs
Begleitet wird die Oberösterreicherin dieses Mal von ihrer Tochter Martina Madlmayr, die ebenfalls ein Tattoo bekommt, allerdings nicht das erste: „Ich habe im Leben nie damit gerechnet, dass ich mal dabei bin, wenn meine Mama sich tätowieren lässt“, lacht die 44-jährige Wirtschaftsjuristin.
„Was meine eigenen Tattoos angeht, habe ich mir früher noch manchmal überlegt, was sich die Leute denken werden. Diese Angst habe ich schon lange abgelegt. Wenn mich jemand deswegen nicht ernst nimmt, ist der Person auch nicht zu helfen“, sagt Madlmayr, die auch als Lebens- und Unternehmensberaterin arbeitet.
Über die Reaktionen der anderen macht sich die 80-jährige Mandl gar keine Gedanken: „Das ist mir wirklich egal. Und die Rückmeldungen waren bis jetzt nur positiv, die meisten sagen: Du bist ja so cool!“.
Dabei ist sie mit der Tinte auf der Haut in ihrem Heimatort Pasching auf jeden Fall Gesprächsthema: „Jeder weiß davon!“
Nun gelte es eventuell noch, ihren 90-jährigen Lebensgefährten von einem Partnertattoo zu überzeugen. „Aber wenn ich das vorschlage, sagt er: Puppi, ich bin zu alt dafür! Aber meine Tattoos findet er super, er hat sich sogar an der Gestaltung beteiligt.“
Dabei hätte Waltraud Mandl schon das passende Motiv für ihren Kompagnon: „Einen Turnschuh. Weil er mit seinen fast 91 Jahren noch immer so fit wie ein Turnschuh ist“, lacht sie.
Bevor es ernst wird, werden noch ein letztes Mal die Initialen der Enkelkinder überprüft, da darf nichts schiefgehen. Dann geht es los: „Natürlich macht es einen Unterschied, was die Haut betrifft, weil sie in diesem Alter ja viel dünner ist. Deswegen tätowiere ich bei Waltraud besonders langsam und vorsichtig“, erklärt Viko.
Ganz still muss die sechsfache Oma den Arm jetzt halten. Das hindert sie aber nicht daran, zu erzählen, welche fünf Dinge sie kürzlich für sich selbst beschlossen hat: „Keine Gel-Fingernägel mehr. Kein Einkauf mehr in Boutiquen. Schluss mit der ehrenamtlichen Arbeit in der Pfarre. Statt dem einen Hotel nehmen wir ab sofort lieber das andere und über Silvester mag ich gar nicht mehr wegfahren.“
Mit 80 Jahren weiß frau offenbar ganz genau, was sie will. Und sollte es ein Tattoo sein oder auch zwei, dann ist dafür jetzt genau der richtige Zeitpunkt.
Kommentare