Die Chance auf Grenzwein wankt

Die Weinlese beginnt
Winzer, die auch in Slowenien Reben haben, dürfen ihr Produkt nicht mehr als steirisch vermarkten.

Johannes Markowitsch ist einer von jenen Winzern, dessen Familie auch Besitz in Slowenien hat. Alten Besitz, historisch gewachsenen: Reben, die mit der Grenzziehung 1918 plötzlich nicht mehr auf österreichischen Boden wuchsen, sondern im SHS-Staat, dem späteren Jugoslawien.

Viele Grundstücke sind aber dennoch im Besitz der angestammten Familien geblieben. An die 40 kleine Weinbaubetriebe in der Steiermark haben dadurch Reben in Slowenien. Ihre Eigentümer durften sogar während des Kommunismus hinüber auf die andere Seite der Grenze, ihre Trauben pflegen, lesen und vermarkten. Als steirischen Wein, das erlaubte ein bilaterales Abkommen.

Doch damit ist heuer endgültig Schluss. „Das ist ein immenser Schaden“, klagt Markowitsch, auch Obmann des „Vereins Historischer Doppelbesitzer“: Die in der eben anlaufenden Lese geernteten Trauben gelten als slowenisch und dürfen nicht mehr zu steirischem Wein gekeltert werden. Das gehe an die Existenz der Betroffenen Weinbauern, die etwa 35 bis 40 Hektar Grund in Slowenien halten, befürchtet Markowitsch und bekommt Unterstützung vom FPÖ-Abgeordneten Walter Rauch: Er spricht von Einkommenseinbußen von bis zu 50 Prozent.

Weniger wert

Das stimme nur zum Teil, korrigiert jedoch Johann Dreisiebner, steirischer Weinbaupräsident. „Es stimmt, dass diejenigen einen Nachteil haben, die bisher ihre Trauben nur an steirische Weingüter verkauft haben.“ Weil die Winzer diesseits der Grenze mit Trauben jenseits davon keinen Wein unter steirischer Dachmarke herstellen können, würden die Ware weniger wert und dadurch niedriger bezahlt. Doch das treffe nur einen Teil der Weinbauern.

Überhaupt habe es eine lange Übergangsfrist gegeben, um sich auf die Lage vorzubereiten: Das alte Abkommen sei nämlich bereits mit Österreichs EU-Beitritt 1995 ungültig geworden, seither galt eine Ausnahmeregelung. „Veränderungen muss man dann auch irgendwann einmal akzeptieren“, kommentiert Dreibsiebner.

Eigene Marke

Seitens des Lebensministeriums sei den Betroffenen auch viel angeboten worden, eine eigene Marke mit speziellem Logo, etwa. „Wein aus steirisch-slowenischem Doppelbesitz und das auf dem Etikett“, überlegt Dreisiebner. „Das wäre zulässig, das hätte schon entwickelt werden können.“ Daraus ließe sich gerade in der Grenzregion etwas machen, ist der Winzer überzeugt: „Das ist eine ganz emotionale Geschichte, gerade weil es etwas Historisches ist. Die Kollegen könnten ihren Kunden eine besondere Geschichte erzählen.“

Vor allem im Gedenkjahr 2018 wäre die Vermarktung leicht gefallen. Obmann Johannes Markowitsch ärgert sich jedoch über ein „Katz-und-Maus-Spiel mit uns Betroffenen, das wir nicht mehr verstehen“.

Mehr als 10.000 Hektar Weinanbaufläche besitzt Slowenien übrigens, die Steiermark mit rund 4500 Hektar weniger als die Hälfte. Mit ein Grund, weshalb auch Österreich darauf bedacht ist, den EU-Herkunftsschutz nicht aufzuweichen. „Die Größenordnungen darf man dabei nicht außer Acht lassen", mahnt Dreisiebner.

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