Coronavirus: Wieder Beschwerden von Häftlingen in Wien
Weitere Briefe aus der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt haben die APA erreicht. Darin schildern drei Häftlinge, dass der in der Corona-Krise vorgeschriebene Mindestabstand von einem bis eineinhalb Metern von Mitgefangenen und Wachpersonal nicht eingehalten wird. Beschwerden gibt es über die Kosten fürs Telefonieren. Das Justizministerium weist die Kritik zurück.
Nachdem im Strafvollzug Besuche von Angehörigen und Aus- und Freigänge für Häftlinge aufgrund der Infektionsgefahr mit SARS-CoV-2 gestrichen wurden, hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf die Möglichkeit verwiesen, die Kontakte auf Telefonie und Videotelefonie zu verlagern. Inland-Telefonate in der JA Josefstadt schlagen sich nach übereinstimmender Darstellung der Häftlinge jedoch mit elf Cent pro Minute (Festnetz) bzw. 16 bis 19 Cent (Mobilfunk) zu Buche. Als "horrende Kosten" bezeichnet das ein Insasse, ein anderer schreibt, er habe um Erlassen der Kosten aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation gebeten. Seinem Ansuchen habe man "keinerlei Beachtung geschenkt". Dafür sei das Telefonieren auf zehn Minuten pro Tag limitiert worden, was der Betroffene als "komplette Beschneidung von der Außenwelt" empfindet.
"Durch das Telefonieren entstehen die üblichen Kosten des Drittanbieters, die verrechnet werden", hält dem das Justizministerium entgegen. Die Generaldirektion habe allerdings angeordnet, dass Häftlinge im Härtefall zu unterstützen sind. "In der JA Josefstadt konnten mittellose Häftlinge - unabhängig von der verstärkten Telefonie aufgrund der Maßnahmen wegen Corona - um 20 Euro gratis telefonieren. Dieser Rahmen wurde auf 30 erhöht", teilte Christina Ratz, Ressortmediensprecherin des Justizministeriums, auf APA-Anfrage mit.
Einer der Briefschreiber wünscht sich Testungen sämtlicher Insassen der JA Josefstadt - mit Kapazitäten für 1.057 Insassen das größte Gefängnis des Landes - auf das Coronavirus, "weil 1.200 Häftlinge auf engstem Raum sind". Der Mann ist in der JA als Hausarbeiter tätig, das sind Insassen, die in den anstaltseigenen Betrieben eingesetzt werden. "Wir als Hausarbeiter bekommen keine Sicherheitsmasken oder dergleichen", behauptet er. Er habe abgesehen davon auch nicht "das ausreichende Equipment", um sich bei seiner Beschäftigung entsprechend schützen zu können. In der Wäscherei würden rund 25 Personen auf engstem Raum zusammenarbeiten, hier sei die Wahrung des Sicherheitsabstands "ein Ding der Unmöglichkeit".
Dazu hält das Justizministerium fest, dass Justizwachebeamte seit Anfang April zum Tragen von Schutzmasken verpflichtet sind. Die Insassen wiederum würden erst nach medizinischer Prüfung und 14 Tagen Aufenthalt in Isolierabteilungen in den Haftbetrieb gelangen: "Diese können sich daher nicht mit Covid-19 angesteckt haben." Nach Überstellung in den Normalbetrieb tragen diese Inhaftierten weitere vier Wochen Schutzmasken. "Die mögliche Ansteckungsgefahr durch Justizwachebeamten, die das Virus in die Anstalt bringen könnten, wird durch deren Schutzmasken minimiert, die sie verpflichtend zu tragen haben. Wenn sich die Häftlinge daher als Hausarbeiter auf regulären Abteilungen bewegen, benötigen sie keine Masken - weder zu ihrem eigenen noch zum Schutz anderer Personen", betont das Justizministerium. Und weiter: "Wenn sich die Hausarbeiter in den isolierten Zellen aufhalten, tragen sie selbstverständlich Masken."
Zuletzt hatte die Generaldirektion Inspektionen durchgeführt, um die Umsetzung der Maßnahmen in den Gefängnissen zu überprüfen. "Die Ergebnisse waren sehr erfreulich und für die JA Josefstadt ergab sich ein positives Stimmungsbild - sowohl unter Insassen als auch unter Justizwachebeamten. Die angeordneten Maßnahmen werden umgesetzt, insbesondere auch das verstärkte Angebot an Telefonie und Videotelefonie", berichtete Ressortmediensprecherin Ratz.
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