Wer ist schuld am Tod von Samuel Kankam Twumasi?

Ein Taucher im Wasser neben einem kleinen Schlauchboot mit Motor.
Seit 30 Jahren ist der gewaltsame Tod eines 51-Jährigen Ghanesen in Linz nicht geklärt. Von Gerhard Lukesch.

Sprachbarrieren, Ignoranz von Ermittlern und die starke Verwesung der Leiche ließen vor 30 Jahren in Linz einen gewaltsamen Tod eines Afrikaners bis heute ungeklärt. Am 28. August 1992 war der Kraftfahrer Samuel Kankam Twumasi (51) von einem Freund als abgängig gemeldet worden. Seit diesem Tag war der gebürtige Ghanese nicht mehr in seiner kleinen Wohnung an der Linzer Lunzerstraße 3, einer damaligen Flüchtlingsunterkunft, gewesen.

„Er wird schon wieder auftauchen, der Mann ist volljährig, da können wir momentan nicht viel unternehmen“, sagte ein Beamter eines Wachzimmers damals dem Anzeiger.

Ein Porträt eines Mannes mit Schnurrbart vor einem hellen Hintergrund.

Samuel Kankam Twumasi kam in Linz zu Tode

Tot in der Traun

Twumasi tauchte wirklich wieder auf, aber als Leiche. Am 2. September 1992 barg die Berufsfeuerwehr den durch die hochsommerlichen Temperaturen bereits stark verwesten Körper des Mannes aus einem Seitenarm des Traunflusses im Werksgelände der voestalpine in Linz. Polizeiarzt und Kriminalbeamte konnten bei einer ersten Untersuchung und Ermittlung zunächst nicht feststellen, ob es sich um ein Gewaltverbrechen handelt, die Staatsanwaltschaft Linz beantragte bei Gericht sofort eine Obduktion. Bei dieser Untersuchung stellte Gerichtsmediziner Robert Lamprecht fest, dass der Afrikaner schwerste Verletzungen an inneren Organen im Hals- und Brustbereich aufwies, die durch Schläge oder Tritte nur zu Lebzeiten verursacht worden sein können. Die Todesursache war Ertrinken. Dennoch war damit ein Fremdverschulden nicht auszuschließen: Twumasi dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Unbekannten attackiert und ins Wasser gestoßen worden sein. „Ein Suizid liegt sicher nicht vor“, konstatierte Mediziner Lamprecht damals.

Ein Bundespolizist steht an einem Fluss unter einer Brücke.

War die Brücke über den Jaukerbach der Tatort?

Bei den Ermittlungen in dem Hochhaus an der Linzer Lunzerstraße sahen sich die Ermittler der Linzer Kriminalpolizei mit Sprachbarrieren und Schweigen konfrontiert. „Wir haben tagelang versucht, den genauen Todeszeitpunkt und die letzten Stunden des Opfers zu rekonstruieren, sind aber überhaupt nicht weitergekommen“, sagt ein heute bereits pensionierter Ermittler. „Es war frustrierend, wir hatten nicht die geringsten Hinweise auf den Grund einer Auseinandersetzung oder ein eventuelles Motiv. Auch keine brauchbaren Spuren, denn die Leiche lag sicher einige Tage im Wasser.“

So vergingen die Tage im September vor 30 Jahren ergebnislos und manche Ermittler waren auch nicht sonderlich motiviert, die Umstände des Todes des Afrikaners zu klären. „Was regt’s euch denn auf, es war ja eh nur ein ...“

Sogar diesen menschenverachtenden Satz mussten mit dem Fall damals betraute Kriminalisten von einem inzwischen verstorbenen Kollegen hören. So blieb unklar, ob es sich um einen Streit oder sogar um eine fremdenfeindliche Attacke gehandelt hat. „Eine stark verweste Leiche im Wasser ist aus gerichtsmedizinischer Sicht sicher einer der schwierigsten Fälle. Aber gewisse körperliche Schäden lassen sich dennoch eindeutig feststellen und können als klare Zeichen eines Fremdverschuldens beurteilt werden“, sagte im Jahr 1993 der 1997 verstorbene Gerichtsmediziner Univ. Prof. Klaus Jarosch dem OÖ-KURIER.

Heute kennt wohl niemand mehr den gewaltsamen Tod des Samuel Kankam Twumasi, einer von drei ungeklärten Fällen seit 30 Jahren in Linz. Von absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge bis zu Mord ist strafrechtlich noch immer alles möglich.

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