Sie wäre es auch geblieben, hätte sich nicht im Vorjahr Folgendes ereignet: Hubert Aspöck ging in Pension. Er hatte mehr als 30 Jahre lang in Ried im Innkreis eine Buchhandlung betrieben. Gstöttner war dort Stammkundin gewesen. „Ich habe mich schon immer für Literatur interessiert“, erzählt sie. Also ergriff sie die Chance und übernahm den Laden. Seit August ist sie mit Enthusiasmus Buchhändlerin.
Drei Empfehlungen
Um etwas empfehlen zu können, müsse sie es selbst gelesen haben, sagt Gstöttner. Oft seien es mehrere Werke parallel, momentan etwa „Unmöglicher Abschied“ der südkoreanischen Nobelpreisträgerin Han Kang, „Die Geschichte eines Lügners“ von John Boyne und „Die Verdorbenen“ von Michael Köhlmeier.
Hell und freundlich
Ehemann Alfons, Lehrer an der Mittelschule Eberschwang, dem Wohnort der Gstöttners, und die drei Söhne hielten sie vom beruflichen Neustart mit 58 Jahren nicht ab, unterstützten sie vielmehr nach Kräften. Planung und Umsetzung der Rundumerneuerung des Ladens wurden gemeinsam umgesetzt. Er ist hell und freundlich, eine Einladung zum Schmökern. Auch der Name wurde in der Familie ausgetüftelt. „Liebris“ steht für das lateinische libri, Bücher, und die Liebe zum Lesen.
Begrenztes, wohlsortiertes Angebot
Martina Gstöttner ist spürbar stolz auf ihre kleine, feine Bücherwelt in der Bahnhofstraße 20. Der Größe entsprechend ist das Angebot begrenzt, aber wohlsortiert. „Es ist ganz nach meinem Geschmack zusammengestellt.“ Neben Sachbüchern (Reisen, Kochen, Garten, Geschichte, Politik) und gesellschaftspolitischen Themen nehmen Krimis, Frauenliteratur und gehobene Belletristik mit Schwerpunkt Österreich viel Platz ein. „Aber es gibt darüber hinaus viele interessante Autorinnen und Autoren, auch junge“, mag sich Gstöttner nicht allzu sehr eingrenzen. Kinder- und Jugendliteratur ist üppig vertreten. Die sei ihr sehr wichtig, sagt die ehemalige Lehrerin.
Bücher und Wein
Gstöttner hat sich in einigen Buchhandlungen umgesehen, da und dort etwas abgeschaut. Etwa, auch Wein von jungen österreichischen Winzern, die mit Natur- und Bioweinen experimentieren, anzubieten. Regelmäßig wird zu Verkostungen, zu Gesprächen über Bücher beim Wein, eingeladen. Zusammen mit der Galerie 20gerhaus gleich nebenan werden Lesungen organisiert. Sie habe einige Stammkunden, darunter Bibliotheken und Schulen, berichtet Gstöttner.
Neuerscheinungen
Nachgefragt würden vor allem Neuerscheinungen. Was nicht lagernd ist, wird bestellt. Jüngere würden zwar eher online bestellen, stellt Gstöttner fest, doch ist sie grundsätzlich optimistisch: „Es gibt erfreulich viele Menschen, die lesen und die am Buch auch das Haptische schätzen.“ Dem Risiko, den sicheren Schuldienst zu quittieren und den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit zu machen, steht Gstöttner gelassen gegenüber.
Keine Goldgrube
Es sei ihr klar, dass sie nicht reich werde, sagt sie: „Eine Buchhandlung ist keine Goldgrube.“ Die ersten Monate seien allerdings gut angelaufen. sie sei zufrieden. An die Stille müsse sie sich noch gewöhnen, erzählt Gstöttner. Schule hat einen höheren Grundlärmpegel als eine Buchhandlung.
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