Vom Ende des Dörflichen: Wie der Fortschritt alles hinwegraffte

Wolfgang Marschall
Wolfgang Marschall hat ein Buch über das Wirtscahftswunder am Land verfasst.

Es ist die Zeit des Nachkriegsaufbruchs, als auf dem Land der Fortschritt die bestehende Ordnung außer Kraft setzt: Dorfkultur, bäuerliche Strukturen, gesellschaftliche Hierarchie, Volksfrömmigkeit – alles innerhalb von nur 20 Jahren hinweggerafft. In dem Buch „Eine Luftmatratze muss her!“ (Verlag Anton Pustet) macht Wolfgang Marschall deutlich, warum das im Innviertel früher und radikaler passierte. Das deutsche Wirtschaftswunder schlug hier voll durch und wurde zudem von der Rieder Volkszeitung kräftig befeuert.

Buch lebt von der Rieder Volkszeitung

In fein ausgewählten redaktionellen Texten und Inseraten wird der missionarisch beschworene neue Zeitgeist sichtbar, in seiner Wucht wie in allen seinen Verirrungen. Dank Langzeitbeobachtung arbeitet Marschall Kalkül und Zwiespältigkeit der Zeitungsmacher heraus: einerseits auf konservativ-katholische Positionen beharrend, andererseits das Moderne in Gestalt des Amerikanischen – die Antithese zum antichristlichen Kommunismus – beschwörend.

Alte Ordnung

Wobei der Fortschritt dem Erhalt der alten Ordnung dienen soll. Am Beispiel der hoch gepriesenen „amerikanischen Küche“: Die, so die unterschwellige Botschaft, erleichtere der Frau die Arbeit im Haushalt, ihrem angestammten Platz. „Letztlich ist die Zeitung an ihrer eigenen Fortschrittspropaganda gescheitert“, resümiert Marschall. Sein Buch schildert auf amüsante Weise, wie das Moderne das Vorgestrige abgelöst hat.

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