Weltmeister mit 70

Johann Anglberger stemmt im Training bis zu 9.000 kg
Johann Anglberger vom USV Lochen ist ein unermüdlicher Titelsammler. Von Gerhard Marschall.

„Ich habe das Glück, dass ich nach so langer Zeit körperlich so gut ausgestattet bin.“ Johann Anglberger weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Er ist 70 und hat von Jugend an Gewichtheben auf hohem Niveau betrieben – bis heute. Soeben wurde er erneut Weltmeister seiner Klasse.

Stemmen hat Tradition

„Es ist bewundernswert, wie er seinen Körper fit hält“, sagt Walter Schimmerl. Er ist Obmann des USV Lochen (Bez. Braunau), wo das Stemmen eine lange und glanzvolle Tradition hat. Zahlreiche Staatsmeister brachte der 1967 gegründete Verein hervor, Anglberger war der Erste. Siebenmal brachte er es zu Meisterehren im Zweikampf, plus 21 in der Einzelwertung. Für Olympia reichte es ein paar Mal knapp nicht, immerhin durfte er 1972 als Stafettenläufer die Fackel ein Stück Richtung München tragen. Im fortgeschrittenen Alter startete Anglberger beim Master-Bewerb für Senioren so richtig durch. Acht WM-Titel und Olympia-Gold 1994 stehen hier zu Buche. Heuer musste die Weltmeisterschaft wegen Corona online ausgetragen werden, sprich: Die Athleten stemmten ein jeder für sich auf Distanz, was Anglberger weniger behagte: „Ich bin ein Wettkampfathlet.“ Sobald er auf die Bühne steige, sei er ganz bei der Sache. „Ich kann mich gut motivieren und konzentrieren, wenn es hart auf hart geht.“

Kampf mit dem Gewicht

Aber auch unter den ungewohnten Bedingungen gewann der Innviertler im Zweikampf mit 142 Kilo und 39 Kilo Vorsprung auf den Zweitplatzierten Kanadier Kenneth Miller souverän. Weil in den niedrigen Gewichtsklassen engagiert, hieß es zu Wettkämpfen hin stets abspecken. Zuletzt mussten vier Kilo weg. „Ich habe meine eigene Methode“, sagt Anglberger. Ehefrau Josefine, gelernte Köchin, unterstützt ihn dabei kompetent. Zu seinem 50er haben Freunde ausgerechnet, dass er im Laufe seiner Karriere dreimal sein Körpergewicht eingebüßt habe. Zwischen drei- und viermal trainiert der pensionierte Beamte des Landespressebüros Salzburg pro Woche, jeweils rund zweieinhalb Stunden. Dabei stemmt er zwischen 6.000 und 9.000 Kilo. Trotz dieses Kraftakts über Jahrzehnte sei er von Verletzungen weitgehend verschont geblieben. „Nur einmal ist die Bizepssehne im Oberarm gerissen, aber nicht beim Stemmen, sondern beim Kegelscheiben.“

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