Allein und traurig: Auf der Suche nach der Mama

Seppy mit dem aufzogenenen Huhn und dem Nachwuchs
Vom verlorenen Kücken, das auszog, um selbst Mama zu werden

von Christa Koinig

Es war vor einem Jahr, da hab’ ich auf der Wiese ein einsames Kücken gefunden, das ratlos umher geirrt ist. Als ich es gefragt habe, warum es so desperat in der Gegend herumläuft, hat es leise gepiepst, „ich suche meine Mama“. „Wo könnte denn deine Mama sein?“, hab’ ich gefragt, und das kleine wuschelige Singerl hat geantwortet, „ich weiß es nicht“. Dann hat es mir erzählt, dass es gemeinsam mit tausenden anderen Kücken in einer riesengroßen Brutmaschine zur Welt gekommen ist. Als winzigkleines Wuserl wurde es irgendwo hin verschickt und wieder mit unzähligen anderen Kücken eingesperrt. Von dort ist es zum Glück ausgebüxt, und seither sucht es die Mama.

Plötzlich weg

Ich wusste sofort, das kleine Bibihenderl würde die Mama niemals finden. Aber das konnte ich ihm nicht sagen. Ich hab’s zu uns nach Hause gebracht und Omama hat es liebevoll aufgenommen. Das kleine Henderl hat sich bei uns wohl gefühlt. Wir haben ihm mit viel Liebe und Zuwendung geholfen, die Suche nach der Mama zu vergessen, und mit der Zeit ist aus dem winzigen gelben Kücken eine wunderschöne stolze Henne geworden.

Aber eines Tages war sie verschwunden. Drei Wochen lang haben wir überall gesucht. Aber sie blieb verschwunden. Wir wollten schon aufgeben, als wir ein eigenartiges Geräusch gehört haben. Es hat geklungen, als würde jemand ein großes Glas auf einmal austrinken, nämlich so: „Gluck-gluck-gluck-gluck ....“. Dann haben wir sie gesehen. Eine wunderschöne Gluckhenne mit sieben gelben Kücken. Jetzt war uns klar, warum wir unsere Henne nicht finden konnten. Sie hatte sich versteckt und sieben Eier ausgebrütet. Genau drei Wochen lang. Sie war sehr stolz und glücklich, denn jetzt war sie selber eine Mama.

www.christa-koinig.at

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