Ruhig atmen und auf den Augenblick achten
Ich spiel’ zwar im Puppentheater immer die lustigen Rollen, aber ich geb’ zu, manchmal geht es mir echt nicht gut, wie heute zum Beispiel. Es ist eisig kalt und ich mag gar nicht nach draußen gehen. Die Wiese, die Bäume, die Sträucher und sogar Omamas winterharte Palme sind mit Raureif überzogen. Gestern noch war’s sonnig, wie wird es morgen sein?
Dies und das
Omama hat mich wohl bei meinen trübseligen Gedanken ertappt und mich lächelnd gefragt, „Seppy, woran denkst du denn jetzt schon wieder?“ Ich hab’s eingestehen müssen, dass ich gerade ein bissl zu viel nachdenke über dies und das. „Seppy, du kannst doch froh darüber sein, dass es dir und uns allen hier und heute gut geht.“ Das bin ich ja, und ich bin auch froh darüber, es könnte wirklich ganz anders sein. Aber gestern hat noch die Sonne geschienen, und was wird morgen sein?
Achte auf das Hier und Jetzt
„Seppy, das Gestern ist vorbei und das Morgen kommt wie es kommen will. Sei achtsam, achte auf das Hier und Jetzt, und du wirst sehen, deine trüben Gedanken werden schnell verfliegen.“ „Ja eh, aber wie geht denn das, achtsam sein?“ hab’ ich gefragt. „Ganz einfach. Atme ruhig und achte nur auf den Augenblick. Schau noch einmal beim Fenster hinaus. Was siehst du?“ „Alles ist weiß, die Wiese, die Bäume, die Sträucher, es ist bitter kalt.“ „Ja, aber ist es nicht schön, wenn der Raureif märchenhaft bizarre Figuren in die Natur zaubert?“
Plötzlich war alles schön
Ich hab' dann doch noch einmal einen Blick nach draußen gemacht und auf einmal hat es mir gefallen. Alles war wunderschön anzusehen, und als sogar die Sonne noch ein bissl zum Vorschein gekommen ist, hat alles geglänzt und gefunkelt, und jetzt weiß ich auch, was es bedeutet, achtsam zu sein. Einfach den Augenblick genießen und an nichts anderes denken. Voller Freude bin ich dann nach draußen gegangen und hab ’ Omama einen wunderschönen mit Raureif überzogenen Zweig für die Vase mitgebracht. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen. Aber Omama hat gelächelt, als alles aufgetaut war und das Tischtuch nass.
Autorin Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters
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