PFAS – die tickende Umweltbombe
PFAS-Experte Nikolaos Tzoupanos
Sie trinken gerne im Fast-Food-Restaurant Ihr Cola oder Ihren „Coffee to go“ aus dem Papp-Becher? Und das Ganze mit einem Bambus-Strohhalm? Dann haben Sie überall Kontakt mit PFAS bzw. mit Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen, wie der chemische Ausdruck lautet.
PFAS halten beides davon ab, nass zu werden, zu knicken oder zu brechen. PFAS sind wasserfest und schmutzabweisend, „antihaftend“ und hitzebeständig und werden deshalb bei Backpapier, Pizzakartons, Sportkleidung, in Imprägniersprays, Kosmetika und Zahnseide verwendet. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Teflon-Pfanne.
Grenzwerte verschärft
PFAS können in höheren Konzentrationen gefährlich werden: Etwa für Föten, deren Wachstum sie hemmen können. Es wurde in Studien auch ein Zusammenhang mit einem erhöhten Cholesterinspiegel festgestellt. Ob Autoimmunerkrankungen, Demenz und möglicherweise auch Krebs in Zusammenhang mit PFAS stehen, ist noch nicht hinreichend belegt. Die zulässigen Grenzwerte für die Verwendung wurden bereits gesenkt, wobei von der EFSA (Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde) und von Deutschland eine weitere Verschärfung geplant ist.
Über die Nahrungskette
Die große Gefahr, die von PFAS ausgeht, lauert in der Zukunft. Denn viele noch unbekannte PFAS gelangen über Abwasser, Verbrennung oder Schutt in die Umwelt, bleiben dort und bauen sich über lange Zeit nicht ab. So etwa TFA (Trifluoressigsäure), das als Abbauprodukt von PFAS entsteht und in Pestiziden Verwendung findet. Es reichert sich im Boden an, wodurch die Konzentration und damit auch die Toxizität steigt. Über die Nahrungskette kommt es zurück zum Menschen.
Schon jetzt nachweisbar
Vor allem in Fischen, Obst und Eiern sind PFAS schon jetzt nachweisbar; auch im Trinkwasser und sogar in der Luft. „Es gibt mehr als 7.000 PFAS-Varianten, von denen nur einige wenige erforscht sind“, sagte der Berliner Umweltchemiker und PFAS-Experte Nikolaos Tzoupanos kürzlich am Rande einer von VTA – deren Abwasseranlagen PFAS fast vollständig abbauen –, veranstalteten Tagung zum Thema PFAS im Stift Reichersberg. Das Problem: PFAS werden vom Körper nur langsam ausgeschieden. Er plädiert für mehr Bewusstsein bei Unternehmen und Konsumenten. „Wir müssen darauf verzichten.“ Auf Verbote könne man sich nicht verlassen, „weil es zu viele Ausnahmen gibt – etwa schon jetzt für die gesamte Papierindustrie“, so Tzoupanos.
Enorme Folgekosten
Welche Folgekosten PFAS verursacht, zeigt eine norwegische Studie von 2019, die vom Umwelt- und Arbeitsmediziner Heinz Fuchsig präsentiert wurde. Demnach wird das europäische Gesundheitssystem jährlich mit 52 bis 54 Milliarden Euro belastet. Höher ist die Belastung für Beschäftigte in einer PFAS-Produktion. Seine Empfehlungen: Weniger (wilden) Meeresfisch konsumieren, auf Bio-Obst und Gemüse zurückgreifen, nicht aus (Bambus)-Strohhalmen trinken und Teflon-Pfannen nicht über 250 Grad erhitzen.
Erste Unternehmen steigen aus
Produziert werden PFAS in Europa von Unternehmen wie BASF, Bayer und 3M. Unter diesen gibt es erste Anzeichen für ein Umdenken: So hat der global tätige Konzern 3M Company (25 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2024) erklärt, bis Ende 2025 aus der PFAS-Produktion auszusteigen.
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