Otto Zitko: Ordnung im Chaotischen

Ohne Titel, 63,2 x 83,2 cm, Mischtechnik auf Papier, 2004.
Fast sechsmal gut zwei Meter misst das zentrale Werk der Ausstellung. Aus der Peripherie kommend, mündet ein Wirrwarr an Linien in Kreisrundes, das die Betrachterin, den Betrachter in das Bild zieht, förmlich zu verschlingen droht.
Otto Zitko ist in der Galerie am Stein im Stift Reichersberg zu Gast. Zum ersten Mal hat ihn Monika Perzl vor rund 30 Jahren, damals noch in Schärding, gezeigt und seither immer wieder einmal. „Mir gefällt an ihm das Freie“, sagt die Galeristin. Seine Bilder seien flott durchgezeichnet, aber konsequent durchdacht.
Endlos laufende Linie
Zitko, 1959 in Linz geboren, lebt und arbeitet in Wien. Seit den 1980er-Jahren beschäftigt er sich „mit der Zeichnung, vom Standpunkt der Malerei aus argumentiert“, wie er sagt. Er arbeitet mit verschiedenen Materialien: Aluminium, Holz, Leinwand, Papier, Glas, zudem gestaltet er Räume aus, verleiht ihnen eine neue Architektur. Zentrales Gestaltungselement ist die scheinbar endlos fortlaufende Linie, die mit Malerrollen oder dicken Ölstiften aufgetragen wird. Immer geht es um das scheinbar Wilde, Chaotische und Spontane des gestischen Ausdrucks seiner Linie und das Kontrollierte, Gestaltete und Gewollte, sprich: um die Balance von freiem Lauf und bewusster Steuerung.

Ohne Titel
Die abstrakten Bilder lassen Assoziationen freien Raum, mit Landschaften und Pflanzen ebenso wie mit menschlichen Figuren. Dieses Mal präsentiert er bei Perzl eben jenes großflächige Werk, das die Längsseite der Galerie dominiert. Von dort ausgehend werden klein- und mittelformatige Werke gezeigt. Zusammen spannen sie einen weiten Bogen von Anfang der 2000er-Jahre bis heute. „Er entwirft mit jeder Linie ein eigenes Universum“, beschreibt Hemma Schmutz das Wesensmerkmal der Arbeit Zitkos.
Die Künstlerische Direktorin des Lentons Kunstmuseums Linz wird zur Eröffnung in der Galerie am Stein sprechen. Seine Zeichnungen seien nicht bloß Spuren, sagt Schmutz, sondern raumgreifende Gesten – labyrinthartig, dynamisch, eindringlich. Sein Werk zähle zu den markantesten Positionen der österreichischen Gegenwartskunst und habe die Zeichnung als raumbezogenes Medium maßgeblich erweitert. Das Lentos widmete Otto Zitko bereits 2019 eine umfassende Einzelausstellung; aktuell sind Arbeiten von ihm sowohl in der Sonderausstellung „Cool. Sammlung Erwin Hauser“ als auch in der Sammlungspräsentation des Hauses zu sehen. Zum internationalen Durchbruch verhalf Zitko seinerzeit der New Yorker Galerist Leo Castelli, der anlässlich eines Wien-Aufenthalts eine Ausstellung von ihm in der Secession besuchte.
Durchbruch in den USA
Er war fasziniert und präsentierte Zitko prompt in den USA. Seither ist er nahezu omnipräsent, in Berlin wie in Amsterdam, in Brüssel wie in New Delhi, in Chicago wie in Madrid … Und jetzt eben in Reichersberg am Inn.
Galerie am Stein, Stift Reichersberg, 18. 7.– 18. 10., Donnerstag und Freitag 15–18 Uhr, Samstag 10–12 Uhr. galerieamstein.at
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