Mit Mut durch die Brennesseln

Die Puppe „Seppy“ steht zwischen Brennnesseln.
Vor Kurzem haben wir wieder einmal im Freien gespielt. Die Bühne war aufgebaut, und vor der Vorstellung hatten wir noch etwas Zeit, um die Gegend zu erkunden. Von Christa Koinig.

Und siehe da, wir waren ganz in der Nähe eines Gymnastikweges, der durch einen Wald führt. Da gab es Klettergerüste, Wackelbrücken, Wasserstationen, Hindernisparcours und sogar eine Schaukelstation. Kasperl, dieser Wichtikus, ist natürlich sofort auf den höchsten Balancierbalken gesprungen und hat mir zugerufen: „Traust du dich das auch?“ Na sicher, aber ich wollte noch mutiger sein als er. Da habe ich im Gestrüpp Brennnesseln entdeckt und rief ihm zu: „Ich lauf’ da jetzt durch, ich bin viel mutiger als du!“ Dann konnte ich gerade noch sehen, wie er mir entsetzt nachgeschaut hat.

Es tat richtig weh

Und es brannte sofort – an den Beinen, den Armen, im Gesicht, es tat auch richtig weh. Ich wollte wirklich nicht wie ein Jammerlappen dastehen und habe versucht, trotzdem noch zu lachen, doch dann ist mir richtig schwummelig geworden. Zum Glück kam da gerade Omama gemütlich daherspaziert, und dann sah sie plötzlich mein rotes Gesicht. „Kannst du mir bitte helfen?“, habe ich kleinlaut gefragt. 

Omama zerdrückte ein paar grüne Blätter. „Das ist Spitzwegerich, das wird dir gleich helfen.“ Dann tupfte sie alle juckenden Stellen vorsichtig ab. „Ich wollte ja nur mutig sein“, habe ich weinend zu ihr gesagt und sie hat gemeint: „Mut bedeutet nicht immer, dass man anderen etwas beweisen muss. Manchmal ist es richtig tapfer, zu erkennen, dass man allein nicht mehr weiterweiß. Es ist keine Schwäche, um Hilfe zu bitten, im Gegenteil, es zeigt, wie stark man wirklich ist.“

Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters

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