Missbrauchsopfer wehrt sich
Ich habe die Schnauze voll. Es geschieht einfach nichts", empört sich Wolfgang Hoffmann, der für die Anerkennung von Missbrauchsopfern in Erziehungseinrichtungen des Bundes kämpft. "Es kommen Vorschläge, doch heraus kommt nichts", meint er zur Diskussion, die Volksanwaltschaft soll zur Anlaufstelle für Opfer von Übergriffen werden. Der gebürtige Steirer, der in Linz lebt, leidet unter den Folgen von Gewalt und sexuellem Missbrauch in zwei republikeigenen Anstalten während der 1970er-Jahre.
Straßensperre
Um den Staat zum Handeln zu zwinge, will der 51-Jährige ab dem kommendem Wochenende regelmäßig wichtige Verkehrsadern in
Linz lahmlegen. Bereits vor einem Monat setzte er sich während der "Rushhour" mit seiner Gitarre auf die Dinghoferstraße, eine wichtige Verkehrsroute in Linz. Dort musizierte er eine Viertelstunde, bis ihn die Polizei in Gewahrsam nahm.
Die Aktion sei laut Hofmann ein voller Erfolg gewesen: "Da war eine Volksfeststimmung. Die Leute sind aus ihren Autos gestiegen und haben applaudiert." Angst, eingesperrt zu werden, wenn er den Verkehr öfter störe, habe er nicht: "Ich leben schon seit Jahren ohnehin in einem inneren Gefängnis."
Begonnen habe sein Leiden im Internat in Saalfelden (Salzburg), wo ihm ein Erzieher Haarbüschel ausgerissen habe. Von der ständigen Gewalt krank geworden, kam er in die Erziehungsanstalt nach Waidhofen an der Ybbs (NÖ), wo es nur noch schlimmer geworden sei. Hier hätten die älteren Schüler die jüngeren schwer verprügelt, die Erziehern hätten das geduldet. "Der Schulleiter hat uns außerdem bei den Geschlechtsteilen gepackt", behauptet
Hoffmann.
Besonders stark leidet er an den Folgen eines missglückten Chemie-Experiments, das er mit Freunden im Schlafsaal gemacht habe. "Die gefährlichen Substanzen sind explodiert, seit damals bin ich auf einem Auge blind." Er beklagt, dass die Erzieher ihre Aufsichtspflicht grob verletzt hätten. Seine Erlebnisse hat er in dem Buch "Internatsgeschichten" (Freya-Verlag) zu Papier gebracht. Nachdem er es im Vorjahr an das Bildungsministerium mit der Bitte um eine Stellungnahme geschickt hatte, meldete sich die Finanzprokuratur. Deren Antwort fiel ernüchternd aus: " Ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten seitens Organen der Republik Österreich konnte nicht verifiziert werden... Im Übrigen sind die von Ihnen geltend gemachten Ansprüche bereits verjährt ."
Hoffmann möchte von der Republik eine Entschädigung. Im vergangen August brachte er erfolglos eine Klage ein. "Ein Staatsanwalt hat mir dann empfohlen, die Republik am Zivilrechtsweg zu klagen.
Hier sind die Verjährungsfristen länger." Doch Geld sei nicht das Wichtigste. "Ich wünsche mir, dass sich endlich jemand bei mir entschuldigt. Bis jetzt hat keiner mit mir geredet. Ich halte das nicht mehr aus."
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