„Alle sollen kommen und staunen“

„Alle sollen kommen und staunen“
Starregisseur Robert Dornhelm inszeniert das Gesamtkunstwerk der Linzer Klangwolke am 11. 9.

Er ist der Superstar unter den aktiven Regisseuren, ist in Hollywood genauso erfolgreich wie in Europa. Etliche Kinofilme, mehr als 100 Fernsehdokumentationen, historische Epen, Operninszenierungen und vieles mehr gehen auf das Konto des 73-Jährigen. Robert Dornhelm ist der kreative Kopf und Regisseur der heurigen Linzer Klangwolke. Unter dem Titel „Panta Rhei“ laufen bei ihm alle Fäden zusammen. Und das sind einige: Musik, Visualisierungen, Filmsequenzen, Akrobatik, Tanz und die Donau als imposante Bühne wollen harmonisch unter einen Hut gebracht werden.

KURIER: Herr Dornhelm, wie geht es Ihnen eine Woche vor der Klangwolke?

Robert Dornhelm: Soll ich ehrlich sein? Es ist ein Albtraum! Ich bin ein alter Hase, aber trotzdem träume ich davon, ich wache jede Nacht auf, weil ich Dinge durchdenke, weil mir Szenarien unterkommen, die vielleicht passieren könnten. Parallel mache ich gerade vier Filme fertig, aber die belasten mich null. Ich fühle mich wie einer, der noch nie auf einer Opernbühne gestanden hat, der jetzt hingeschoben wird und singen muss. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Thema umzusetzen. Viele meiner poetischen Einfälle waren im Nu wie weggeblasen, weil sie an Sicherheitsvorgaben scheiterten. Nun überlasse ich sehr viel der Musik. Roman Kariolou hat 55 Minuten symphonische Musik komponiert.

Was sind dabei die Schwierigkeiten?

Die verschiedenen Akte müssen so zusammengesetzt werden, dass sie zur Musik passen. Musik, Schiffsbewegungen, Illusionen, Projektionen – das alles muss synchronisiert werden. Alles muss elegant ineinanderfließen, ohne dass es holprig wirkt. Wenn das nicht funktioniert, wird es schnell plump. Und plump will ich nicht sein.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Linz ergeben? Sie wurden ja schon ein Mal vor zwanzig Jahren gefragt. Da hat es nicht geklappt.

Ich kannte Hannes Leopoldseder, den früheren Leiter der Klangwolke gut, ich hab’ mit ihm Filme gemacht, gemeinsam Preise gewonnen. Er hat mich immer wieder eingeladen, doch mal eine Klangwolke zu machen. Ich lebe seit 40 Jahren in Kalifornien, wenn ich nach Österreich kam, dann immer nur aus privaten, kurzen Anlässen. Und weil ich einen Film gemacht habe. Da hatte ich nie Zeit dafür. So eine Klangwolke ist sehr zeitintensiv, das unterschätzt man. In diesem Fall ist ja wirklich alles neu, alles wurde extra für Linz entwickelt. Es gab ein paar Klangwolken, die sich aus existierenden Shows entwickelt haben. Das, was heuer zu sehen sein wird, ist alles einmalig.

Wie hat sich das Motto „Panta Rhei. Alles fließt.“ ergeben?

Dieses Motto ist mein Leben. Bei mir ist auch ständig alles in Bewegung. Ich habe meinem Freund Michael Köhlmeier davon erzählt, er hat mir die Hintergründe des Heraklit-Zitates erklärt. Es ist meine Lebenseinstellung. Auch in der Kunst. Manchmal kommt diese Lebenseinstellung zwar mit den Überbleibseln meiner spießbürgerlichen, elterlichen Erziehung in Konflikt. Aber eigentlich bin ich seit meinem 13. Lebensjahr auf Reisen. Für die Filme, die ich mache, bin ich immer sechs Monate weg. Ich habe in 20 Ländern gelebt, unter anderem in Marokko, England, Deutschland und Frankreich. So gesehen ist „Panta Rhei“ kein schlechtes Motto.

Die Klangwolke ist ein öffentlich zugängliches Kulturgroßereignis bei freiem Eintritt. Wie wichtig sind niederschwellige Angebote dieser Art?

Ich finde es großartig, dass sich die Stadt das was kosten lässt. So sollte es sein. Quasi als Ausgleich zum Stahlstadt-Image muss es auch Kultur geben.

Was haben Sie aus dieser Klangwolkenzeit gelernt, persönlich und beruflich?

Man kann sagen, Schuster bleib’ bei deinen Leisten und geh’ davon aus, dass es schwieriger ist als angenommen. Ich bin nicht ein Meister in allem. Aber ich weiß auch nicht, ob es so was wie den Klangwolken-Meister gibt.

Warum sollen sich Menschen die Klangwolke ansehen? Was erwartet das Publikum?

Schöne Musik gepaart mit Illusionen und einer bildlichen Zauberwelt, die sie nicht täglich auf dem Fernsehschirm konsumieren können. Das ist der Hauptgrund. Und ich freue mich, wenn Leute zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu erleben. Das ist seltener geworden. Offenbar gibt es diesen Instinkt, dass wir Menschen gerne zusammenkommen. Deswegen sollen sie kommen und staunen, von mir aus können sie sich auch ärgern, was auch immer sie wollen. Ich kann das nicht beeinflussen, es muss niemandem gefallen. Ich freue mich natürlich, wenn es Menschen gefällt. Aber das Wichtigste ist, dass sich dabei Emotionen entwickeln. Nichts ist schlimmer als die Gleichgültigkeit und wenn nach drei Tagen schon alles vergessen ist.

Sie sind viel in der Welt unterwegs, haben die US-amerikanische und die österreichische Staatsbürgerschaft: Wie haben Sie die vergangenen eineinhalb Jahre erlebt, als Grenzen plötzlich wieder sehr eng wurden?

Ich habe in der Pandemiezeit nonstop gearbeitet, ich habe in einem Jahr vier Filme gedreht, das ist mein persönlicher Rekord. Ich habe zuerst selbst Covid gehabt, dann haben wir während der Dreharbeiten halt immer drei Mal pro Woche getestet. Es war einfach eine eigenartige Erfahrung. Am Anfang war der Widerwille groß, aber dann folgte das Gewöhnen.

Ich war hauptsächlich in Prag, Wien und London und hatte einen sogenannten „Pendlerausweis“. Damit bin ich problemlos überall hingekommen.

Haben Sie den kontrovers diskutierten Spot des Linz Tourismus gesehen und was halten Sie davon?

Vom Filmemacherischen ist er sehr gut gemacht, erfrischend, jugendlich, locker. Vom Ende war ich nicht so begeistert, das war ein bisschen banal.

Ich denke schon, dass der Film eine Werbung für Linz ist. Werbung kann ja nicht sein: Schaut, wie schön die Stadt ist, wie großartig der Bürgermeister! Das ist langweilig und interessiert niemanden. Der Filmemacher des Spots kriegt von mir eine gute Benotung, der beherrscht sein Metier offensichtlich.

„Alle sollen kommen und staunen“

Die Donau als Bühne und überdimensionale Klangkörper im Fluss der Wellen

Wichtige Infos für den Besuch

Registrierung
Erstmals in der Klangwolken-Geschichte ist das Areal im Donaupark eingezäunt,
Besucherinnen und Besucher müssen sich unter brucknerhaus.at/registrierungklangwolke anmelden. Der Eintritt am 11. September  ist wie immer kostenlos, ab 16 Uhr ist Zugang auf das Areal möglich, mit kurzen Wartezeiten muss gerechnet werden. 3 G-Nachweis inkl. Lichtbildausweis mitnehmen

Programm
Das Motto der heurigen Klangwolke lautet „Panta Rhei“ nach einem Heraklit-Zitat: Alles fließt. Neben Robert Dornhelms Inszenierung spielt die Musik des jungen, österreichischen Komponisten Roman Kariolou eine tragende Rolle. Dazu entstehen spektakuläre Klangwelten, die Donau fungiert als unberechenbare Bühne und Künstlerinnen und Künstler vervollständigen das Gesamtkunstwerk

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