Kochen ist keine exakte Wissenschaft
Hedi Klinger
„Tausendfach erprobt, immer schmackhaft.“ So wird, auf den Punkt gebracht, das Kochbuch „Hedi Klingers Klassiker der österreichischen Küche“ vorgestellt. Sohn Willi hat vor geraumer Zeit den Rezeptschatz der Mutter gehoben und in einem opulenten Werk zusammengefasst. Dieses erscheint jetzt im Brandstätter Verlag in einer nächsten, erweiterten Auflage, mit neuem Titel und 30 zusätzlichen Gerichten.
Frittatensuppe
Der gute Ruf des Gasthauses Klinger reicht weit über den Hausruckviertler Markt Gaspoltshofen hin aus, nicht nur wegen des Essens. Der Schriftsteller Thomas Bernhard hat wesentlich dazu beigetragen. Im Stück Der Theatermacher lässt er den Staatsschauspieler Bruscon ein Loblied auf die Frittatensuppe in Gaspoltshofen singen. Doch Bernhard kam nicht nur ihretwegen. Selbstverständlich ist der deutsche Entertainer Harald Schmid auf seiner Spurensuche zu Bernhards Lieblingsgasthäusern für das unlängst ebenfalls bei Brandstätter erschienene Buch hier auch eingekehrt. Er bekam von der Seniorwirtin zu hören, dass man das Getue um die Frittatensuppe anfangs für ziemlich übertrieben gehalten habe. „Von überall her sind die Leut’ plötzlich angereist.“ Schließlich haben die Klingers die theatralische Würdigung doch gerne akzeptiert. Eine solche Publicity bekommt ein Wirtshaus nicht oft, obendrein geschenkt.
Klassiker der österreichischen Küche, titelt sich Hedi Klinger Kochbuch
Willi Klinger, Geschäftsführer von Wein & Co, schildert im Buch auch seine Erinnerungen an den prominenten Gast, beginnend mit dem ersten Zusammentreffen. Zu Besuch aus Wien, habe er damals dem gerade Bier zapfenden Vater ins Ohr geflüstert, ob er denn wisse, dass dort der Thomas Bernhard sitze. „Ah so, der kimmt eh öfters.“ Willi Klinger Senior ist 2016 verstorben. Derweil seine Frau mehr als drei Jahrzehnte lang die Küche befehligte, beherrschte er die Gaststube mit humorvoller, umgänglicher Geselligkeit und Schmäh – ein perfekter Wirt alter Schule. Oder wie ihn Bernhard gegenüber dem Sohn einmal beschrieb: „Ihr Vater ist ein liebenswürdiges Schlaucherl.“
Willi Klinger weiß von vielen weiteren Begegnungen mit Bernhard zu erzählen. Auch davon, dass der richtig böse habe werden können, wenn für ihn einfach kein Platz frei war. Er sei immer aus heiterem Himmel gekommen, eine Reservierung sei für ihn nicht infrage gekommen. „Wir haben uns ja immer bemüht, einen schönen Tisch im Gastzimmer zu finden, auch wenn eigentlich nichts frei war“, erzählt Klinger. Im Stüberl, welches er als Werk eines mittelmäßigen Architekten empfand, wollte Bernhard partout nicht sitzen.
Liebe Sorgfalt und Zeit
Wie viele Köchinnen ihrer Generation sei sie eine „kochende Anarchistin, die nicht schematisch vorgeht, sondern ständig improvisiert“, beschreibt Klinger die Frau Mama. Die pflichtet ihm bei: Sie koche viel nach Gefühl, „Kochen ist ja keine exakte Wissenschaft“. Die traditionelle Küche verlange viel Liebe, Sorgfalt und Zeit. Leider würden in der Gastronomie aus wirtschaftlichen Gründen die aufwendigen Gerichte immer seltener angeboten, bedauert Hedi Klinger. Aber vermutlich komme gerade deshalb die traditionelle Küche bei jungen Familien wieder zu Ehren.
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