Innviertel: Boomregion mit Defiziten

Innviertel: Boomregion mit Defiziten
Optimismus beim Luftfahrtzulieferer FACC dank neuem Großauftrag von Airbus. Von Gerhard Marschall.

Das Innviertel boomt und ist laut Industriellenvereinigung die am stärksten wachsende Industrieregion Österreichs. Jüngster Beleg: Der Luftfahrtzulieferer FACC mit Werken in St. Martin und Reichersberg hat soeben mit Airbus einen prestigeträchtigen Großauftrag für die Lieferung der Seiten- und Höhenruder für den A220 abgeschlossen.

Kooperation Airbus-FACC

FACC, damals noch Teil der Fischer-Gruppe, kooperiert seit 1981 mit Airbus. Jetzt werden erstmals Primärstrukturteile produziert. Die Höhen- und Seitenruder dienen zur Steuerung und Stabilisierung des Flugzeugs in der Luft, dementsprechend hoch und komplex sind laut FACC-Vorstandsvorsitzendem Robert Machtlinger die technischen Anforderungen bei der Fertigung. Insofern sei der Auftrag für FACC der „Einstieg in die Champions League“. Der Auftragswert hängt von der Produktion über den A220-Lebenszyklus ab, geplant sind 1.000 bis 1.500 Stück. Machtlinger rechnet jedenfalls mit einem Gesamtumsatz „jenseits der Viertelmilliarde“.

Fachkräftemangel

Landeshauptmann Thomas Stelzer sprach anlässlich der Vertragsunterzeichnung von einem „Freudentag“, kommt ihm doch in Vorwahlzeiten eine wirtschaftliche Erfolgsmeldung in dieser Dimension sehr zupass. Ergo nannte er den Airbus-Auftrag ein „Symbol für die Gesamtsituation“, sprich: Es gehe wieder nach oben.

Innviertel: Boomregion mit Defiziten

FACC benötigt weitere 100 Mitarbeiter

In den nächsten 18 Monaten muss FACC 15 Millionen € in das Projekt investieren und zudem rund 100 hoch qualifizierte Mitarbeiter finden. Angesichts des akuten Fachkräftemangels in der Region ist das eine besondere Herausforderung. Das FACC-Personal kommt heute aus 41 Nationen. „Dem werden wir treu bleiben und Leute in das Land hereinholen“, sagt Machtlinger. Fachkräftemangel sei ein europäisches Thema, es brauche qualifizierte Zuwanderung.

Überlastete Innkreisautobahn

Zweites Innviertel-Defizit: Die Verkehrsinfrastruktur kann mit dem ökonomischen Entwicklung der Region nicht mithalten. Das manifestiert sich voran an der schwer überlasteten Innkreisautobahn A8. „Wir werden mit der Asfinag sprechen“, sagte Landeshauptmann Thomas Stelzer zum KURIER bezüglich eines dreispurigen Ausbaus.

Für dreispurigen Ausbau

Dieser wäre allerdings politisch höchst umstritten und würde gegen eine Neuauflage einer schwarz-grünen Koalition sprechen. Schließlich war die A8 seinerzeit aufgrund massiver Widerstände der Grünen nur als Schmalspurvariante gebaut und erst später etwas verbreitert worden. Priorität hätten ohnedies die aktuell laufenden Straßenbauprojekte und der mit den ÖBB paktierte Schwerpunkt zum Ausbau der Regionalbahnen und der Bahnhöfe, erklärte Stelzer.

Probleme mit dem Gigaliner

Entlastung für das Innviertel verspricht er sich auch vom Autobahnlückenschluss Markl-Simbach-Pocking auf bayerischer Seite. FACC-Boss Machtlinger wiederum ortet ein zentrales Problem im schlecht ausgebauten öffentlichen Verkehr: „Wir haben eigentlich alle unsere Werke an der Bahnlinie Attnang–Schärding, aber unsere Mitarbeiter fahren mit dem Pkw.“ Zweites Anliegen Machtlingers: FACC setzt auf überlange Gigaliner, die in Deutschland zugelassen sind, nicht aber auf den 15 Kilometern bis zur Grenze in Suben. Er verstehe die Ängste vor 60-Tonnen-Lastern, eine FACC-Ladung wiege aber nur 27 Tonnen. Ein Gigaliner statt zwei Lkw reduziere das Verkehrsaufkommen um ein Drittel.

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