Hightech für die Sehkraft

Young woman rubs her eyes after using glasses. Eye pain or fatigue concept.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz öffnen in der Augenheilkunde ungeahnte Möglichkeiten. An der der Linzer Johannes Kepler Universität wird an neuen Anwendungen geforscht. Von Karl Leitner.

„Wir wachen gerade in einem neuen Zeitalter auf – ohne es gemerkt zu haben“, sagt der Linzer Augenspezialist Matthias Bolz, Leiter der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der Johannes Kepler Universität Linz (JKU). Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) lassen in der Augenheilkunde – wie in anderen medizinischen Disziplinen – keinen Stein auf dem anderen und öffnen völlig neue diagnostische und therapeutische bzw. operative Möglichkeiten.

Biologische Halbleiter

So wird etwa in Linz an biologischen Halbleitern geforscht – diese funktionieren ähnlich wie Fotorezeptoren, die auf der Netzhaut sind und aus Licht Spannung produzieren können. Sie sind letztlich für die Bildgebung verantwortlich. Wenn die Rezeptoren beschädigt sind – etwa weil ein Gendefekt vorliegt – könnten diese künftig ins Auge eingepflanzt werden. „Da sind wir noch am Anfang, es ist aber in Zukunft in Kombination mit anderen Behandlungen denkbar“, sagt Bolz.

Hilfe beim Grauen Star

Was derzeit schon möglich ist, beschrieb Bolz kürzlich bei einem Vortrag mit dem Titel „Augen – Hightech für die Sehkraft“ auf dem Med Campus des Kepler-Universitätsklinikums: So wird etwa beim Grauen Star (Bolz: „Den bekommt im Alter jeder“) eine hauchdünne Linse in das Auge eingesetzt, deren Stärke in Zukunft mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz exakt berechnet werden kann. Der Patient bekommt auf diese Weise eine weitaus besser angepasste Linse als dies noch vor wenigen Jahren möglich war.

Genaue Analysen

KI-gestützte Systeme können auch bereits aus der Netzhaut des Auges nicht nur Alter und Geschlecht herauslesen, sondern auch, ob der Patient Raucher ist oder Diabetes hat. Bolz: „Laserscans von der Netzhaut machen und mit KI vermessen – das können Algorithmen schon lange. Aber jetzt können wir plötzlich Dinge sehen und tun, die ein Hirn nicht mehr erfassen kann.“ Das gehe so weit, dass die Künstliche Intelligenz feststellen kann, ob der Patient eine internistische Abklärung benötigt.

Primar Bolz

Matthias Bolz

Augenmedizin sei eines der innovativsten Fächer, so Bolz. Es gebe zunehmend Schnittstellen zu Neurologie (Bolz: „Das Auge ist die Kamera des Gehirns“), der internen Medizin, Kinderheilkunde oder Unfallchirurgie. Digitale Technik hilft dabei, das Auge immer mehr zu verstehen.

Handy als Problem

Aber sie stellt auch eine Gefahr dar: „Studien zeigen, dass die Kurzsichtigkeit aufgrund von intensiver Handy- und Bildschirmnutzung steigt,“ so Bolz. Dauerhaftes „Nah-Sehen“ ist schlecht für das Auge. Er empfiehlt, öfter pro Stunde den Blick in die Ferne schweifen zu lassen und für Kinder „mindestens eine Stunde pro Tag raus in das natürliche Licht“. Das Auge ist sehr klein – „aber im Auge geht ein kleines Universum auf“, so Bolz. Die Hornhaut ist das durchsichtige Fenster ins Auge hinein und „da gibt es viele Krankheiten, die im zunehmenden Alter immer mehr tragend werden“ und fast schon zur Erblindung führen können.

KI nur Unterstützung

Bolz: „Da kann man chirurgisch sehr viel machen.“ Obwohl er für Künstliche Intelligenz eine große Zukunft sieht, werde diese den Arzt „nie ersetzen, sondern immer nur unterstützen,“ so der Professor.

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