Gestärkt zurück in die Familie

Bachler: „Wir haben immer gewusst, dass Dennis wieder zu mir nach Hause kommen wird“
SOS Kinderdorf. Brigitta Bachlers Sohn lebte eineinhalb Jahre lang in Betreuung

Diesen Muttertag feiert Brigitta Bachler (52) aus Micheldorf mit der Taufe eines ihrer Enkelkinder. Auch ihr Sohn Dennis (10) ist dabei.

Er war von 2013 bis 2014 für eineinhalb Jahre in der Kinderwohngruppe Tabaluga im SOS Kinderdorf Altmünster, nachdem ein Autounfall seines Vaters die Familie in eine Krise geführt hat. „Mein damaliger Lebensgefährte und ich hatten ein Haus gebaut. Dann kam sein Autounfall. Bis dahin waren wir eine glückliche Familie“, sagt Bachler dem KURIER. Mehrere Jahre nach dem Unfall mündete die Beziehung in einer Trennung. „Anfangs hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen meinem Kind.“ Später habe sie gemerkt, dass die Trennung richtig gewesen sei, dass sie das aber nicht mehr schaffe. „Ich habe mir psychologische Unterstützung geholt und mich an die Kinder- und Jugendhilfe gewandt“, erzählt sie.

Trennung auf Zeit

Für ihren Sohn wurde kurzfristig ein Platz in der Krisenwohngruppe Simba im SOS Kinderdorf Altmünster gefunden, später in der dortigen Kinderwohngruppe Tabaluga, in der bis zu neun Kinder zwischen fünf und zehn Jahren untergebracht sind.

„Anfangs war es schlimm, voneinander getrennt zu sein“, sagt Bachler. „Aber wir haben immer gewusst, dass er wieder nach Hause kommen wird.“ Die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin hat schnell bemerkt, dass hier „Spezialisten mit einer großen Liebe zu Kindern“ sind. „Ich hatte Zeit, wieder auf die Beine zu kommen und den Kontakt zu meinem Sohn nicht zu verlieren. Dennis hat sich hier gut entwickelt und viel gelernt.“ Auch andere Bezugspersonen wie ihr damaliger und ihr aktueller Lebenspartner wurden miteinbezogen. „Wir haben uns als Familie gut entwickelt. Ich nehme mir noch heute viel aus der damaligen Zeit mit. Die Gespräche haben mir sehr geholfen.“ Seit vier Jahren lebt Dennis wieder bei seiner Mutter. Heute kann Bachler, Mutter von vier erwachsenen Töchtern und einem Sohn, die Zeit mit ihren Kindern wieder genießen. Rückblickend sieht sie in dieser „Auszeit“ eine Chance, um in ein gutes Familienleben zurück zu finden.

Dennis (10) lebt seit vier Jahren wieder zu Hause

Dennis (10) lebt seit vier Jahren wieder zu Hause

Rückkehr nach Hause

Die Arbeit an der Rückkehr der Kinder in die Familie ist in mehrere Schritte eingeteilt. Die Kinder gehen sie gemeinsam mit jenen Familienangehörigen, zu denen sie später zurückkommen sollen.

„Wir begleiten und stärken die Eltern und Kinder nach all unseren Möglichkeiten und in enger Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe“, meint Mathias Wälde vom SOS Kinderdorf. Er ist Fachbeauftragter für Familienarbeit und Pädagogik. „Nach der Aufnahme in die Kinderwohngruppe Tabaluga gibt es die Möglichkeit für Tagesbesuche hier bei uns, später auch als Ausflüge.“ Diese Kurzbesuche werden mit Vorgesprächen und externer Familienberatung begleitet, um die Familie beim Bewältigen der Krise zu unterstützen. Gemeinsam werden Ziele gesteckt. Bachler und ihr Sohn haben diese Zeit für gemeinsame Spaziergänge genutzt. „Wir sind gemeinsam einkaufen gegangen oder zum Traunsee hinunter“, erzählt sie.

Laut Wälde werden die Eltern durch regelmäßige Besuche und die Ausweitung der Verantwortung gestärkt. „Je mehr die Kinder merken, dass die Eltern stabiler werden, umso besser ist es für sie.“ Auch einzelne Übernachtungen im Gästezimmer werden angeboten. „In der Nähe haben wir eine Trainingswohnung, die für zwei bis drei Tage pro Woche genutzt werden kann“, sagt er. Danach begleiten die Mitarbeiter die Kinder zu Besuchen nach Hause. Leben die Kinder wieder bei ihrer Familie, wird eine Nachbetreuung angeboten. „Eine Rückführung wird schwieriger, wenn die Jugendlichen in die Pubertät kommen“, meint Wälde. Ist eine Rückführung nicht möglich, suche man mit der Kinder- und Jugendhilfe eine Lösung.

Mögliche Ursachen

„Es gibt viele Gründe, die die Unterbringung eines Kindes getrennt von den Eltern notwendig machen“, sagt er. Oft sei es eine auffällige Verhaltensweise, die den Anstoß gibt. Meist ist die Kinder- und Jugendhilfe bereits aktiv. Die Scheidung oder Trennung der Eltern, ein Todesfall oder Unfälle seien Auslöser, die eine Familie in die Krise führen können. „Es sind oft mehrere Faktoren, die zusammen spielen und dazu führen, dass die nötige Kraft fehlt.“

In der Krise wisse man noch nicht, wohin es geht. Die Anspannung sei bei den Kindern im Alltag spürbar. „Hier im Tabaluga hat man meist schon ein Ziel.“ Im neun Personen starken Team arbeiten Sozialpädagogen, Zivildiener und jemand für die Hauswirtschaft. Es sind immer zwei bis drei Mitarbeiter für die Kinder da.

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