Gerichtsurteil nach Wohnungsstreit

Krapf: „Das Urteil ist eindeutig. Das ist eine klare juristische Entscheidung und hat nichts mit persönlichem Empfinden zu tun.“
Gmunden. Mieterin soll aus der stadteigenen Wohnung ausziehen, sagen Nachbarn, die Stadt und das Gericht

„So etwas Menschenverachtendes habe ich noch nie erlebt.“ Schwere Vorwürfe erhebt Maria E. (60) aus Gmunden gegenüber ihren Nachbarn und der Stadtgemeinde Gmunden als Eigentümerin ihrer 52 Quadratmeter großen Mietwohnung.

Von „Mobbing“, einer „ Schmutzkübelkampagne“, Beschimpfungen und tätlichen Angriffen von ihren Nachbarn ist die Rede. Die Gegenseite behauptet dasselbe über sie. Die Gemeinde bekam eine Unterschriftenliste der Bewohner. Ein Antrag über die gerichtliche Kündigung der Wohnung wurde im Gemeinderat behandelt. Nach mehreren Versuchen beiderseits, die Angelegenheit unter sich zu klären, steht gerichtlich fest, sie muss ausziehen.

Bis nach Straßburg

Sie selbst sagt, sie habe nie ein Problem mit jemandem gehabt. Über mehrere Jahre dauerte der Rechtsstreit bereits. Die Überprüfung beim Obersten Gerichtshof in Wien hatte aufschiebende Wirkung, sodass E. bleiben konnte. Ihr Anliegen wurde nun wegen „zu weniger Beweise“ zurückgewiesen.

Sie überlegt nun, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu wenden und hat dafür eine Wiener Rechtsanwältin kontaktiert. Ihre Begründung: Ein neuer Befund bescheinige ihr volle Invalidität. Außerdem bekomme sie einen Behindertenausweis. Die Anwältin ist der Meinung, dass sie gute Chancen habe, das Urteil anzufechten. Ob sie den teuren Klageweg weiter geht, ist offen. Sie habe sich aber Zeit erhofft, um Geld zu sparen und sich eine neue Bleibe zu suchen. Durch Langzeitfolgen eines Bandscheibenvorfalls könne sie weder ihren Beruf als Krankenpflegerin ausüben, noch selbst aus ihrer Wohnung ausziehen. Hilfe könne sie sich finanziell nicht leisten. Als sie einzog, habe sie Notstandshilfe und Krankengeld bekommen. Heute sind es 1000 € Pension.

E. schildert schriftlich und im Gespräch mit dem KURIER viele Situationen, die zur Eskalation geführt haben sollen. Darunter sind Fälle nächtlicher Ruhestörung, die zu Schlafproblemen geführt hatten, ein angeblich zerschnittenes Bremsseil eines Kinderfahrrades, Beschimpfungen und Beleidigungen. „Ich habe das nicht getan, sondern mich nur gewehrt, wenn man mich schikaniert oder zu Unrecht beschuldigt hat“, sagt sie. Die Gegenseite habe keine Beweise. Es gebe aber polizeiliche Akten, dass sie von einem drogenabhängigen Nachbarn angegriffen worden sei.

Im August 2016 behandelte der Gemeinderat die „Beratung und Beschlussfassung über die gerichtliche Kündigung der Wohnung“. Laut Liegenschaftsverwaltung hat E.'s „unleidiges Verhalten“ anderen Mietern „seit Jahren das Zusammenleben erheblich erschwert. Die Mitbewohner werden laufend auf das Gröbste beschimpft und beleidigt.“ Teilweise komme es zu tätlichen Übergriffen. Da E. „trotz vielfacher Aufforderungen ihr Verhalten nicht ändere und dieses ein unerträgliches Ausmaß erreicht habe“, ersuchten einige Mieter, sie abzusiedeln. Es wurde ein Antrag auf Aufkündigung des Mietvertrages aus dem August 2008 gegenüber E. gestellt. Gemeinderat Peter Trieb begründete den Antrag damit, dass „Frau E. mehrmals ungerechtfertigte Anschuldigungen gegenüber Gemeindebediensteten erhob“, was einen „hohen Strafbestand“ darstelle. Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) berichtete über Vorsprachen der Mieter. Eine Abstimmung brachte ein einstimmiges Ergebnis. Die Stadt brachte Räumungsklage ein, welcher stattgegeben wurde.

Krapf betont im Gespräch mit dem KURIER, er versuche, die Streitigkeiten so sachlich wie möglich zu sehen. Es gebe mehrere Sichtweisen. „Es liegt ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss vor. Daran muss ich mich halten.“ Krapf sagt weiter, „ich habe die Sache bewusst an die Rechtsvertretung abgegeben. Der Fall war vor Gericht.“ Es sei gut, dass das auf juristischer Basis gehandhabt werde. „Das Urteil ist eindeutig. Das ist eine klare juristische Entscheidung und hat nichts mit persönlichem Empfinden zu tun. Wir sind verpflichtet, danach zu handeln, sonst wäre das Amtsmissbrauch.“

Diesen und zu wenig Gesprächsbereitschaft wirft E. der Stadt vor. Ihre Anschuldigung, das Sitzungsprotokoll sei unvollständig und nicht korrekt, weist Krapf zurück. „Die Protokolle werden ordnungsgemäß geführt und online gestellt. Die Sitzungen sind öffentlich. Das ist Standard.“

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