Dschihad-Video: Halbes Jahr bedingt für Welser Ex-SPÖ-Politiker
Sechs Monate bedingt auf ein Jahr hat ein oberösterreichischer Ex-Kommunalpolitiker am Mittwoch im Landesgericht Wels aufgefasst, weil er 2013 ein den IS verherrlichendes Video auf Facebook geteilt haben soll. Der frühere SPÖ-Ersatzgemeinderat will das getan haben ohne den Inhalt genau zu kennen, was ihm das Gericht aber nicht abnahm. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und einer kriminellen Vereinigung vor. Das Video, das er am 4. August 2013 öffentlich abrufbar geteilt haben soll und dessen Titel sich mit "Ein Gedicht über den Dschihad" übersetzen lässt, zeige u.a. einen IS-Reiter, Kämpfer der Terrororganisation, den Namenszug von IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi und verherrliche den Märtyrertod. Der 43-Jährige habe damit IS-Propaganda verbreiten wollen, so Anklagevertreter Günther Diplinger.
"Liberaler, weltoffener Mensch"
Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig: Er sei ein "liberaler, weltoffener Mensch" und "nie Mitglied einer Terrorvereinigung" gewesen, betonte er. Er habe sich mit dem Inhalt des Videos, das er von einem guten Freund geschickt bekommen habe, damals nicht auseinandergesetzt, räumte er ein. Auch sei ihm der Begriff "IS" 2013 noch gar nicht bekannt gewesen. "Mit dem heutigen Wissen hätte ich das Video auf keinen Fall geteilt", beteuerte er, denn er sei "kein Unterstützer einer kriminellen Organisation", der IS habe eine "menschenverachtende Vorgehensweise".
Sein Mandat sei "völlig im Einklang mit den Werten der Gesellschaft", betonte auch Verteidiger Helmut Blum. Der Angeklagte verstehe das Wort Dschihad "wie auch die Islamische Glaubensgemeinschaft" als Bemühen um die Gesellschaft und nicht als Heiligen Krieg. Es gebe zudem "keinen sicheren Beweis", dass er das Video gesehen und den Wortlaut gekannt habe.
Staatsanwalt verweist auf Überschrift
Während der Angeklagte behauptet, er habe das Video nach Erhalt nur nebenbei laufen lassen, gar nicht so genau auf den Inhalt geachtet und es dann gleich geteilt, steht für den Staatsanwalt fest, dass der Beschuldigte den Inhalt sehr wohl gekannt habe. Denn er habe es laut Sachverständigengutachten selbst mit der Überschrift "Ein Gedicht über den Dschihad" versehen und sich bei dem Thema zudem in verschiedenen Einvernahmen selbst widersprochen. Dieser Ansicht schloss sich auch das Gericht an und verurteilte den Mann zu sechs Monaten bedingt. Beide Seiten legten Strafberufung ein, die Verteidigung kündigte zudem Nichtigkeitsbeschwerde an.
Der bisher unbescholtene Software-Entwickler war Gründer und Vorsitzender eines Kulturvereins, der laut Staatsanwaltschaft der türkischen proislamischen Saadet-Partei nahestehe. Er war früher auch in der Kommunalpolitik tätig und fünf Jahre als islamischer Religionslehrer an öffentlichen Schulen. Als die Vorwürfe auftauchten, verhängte der Landesschulrat ein Unterrichtsverbot gegen ihn, die SPÖ trennte sich einvernehmlich von ihm. Zuvor hatte die ÖVP seinen Bruder, der ebenfalls in dem Verein engagiert war, ausgeschlossen. Das Video, auf das sich die Anklage bezieht, beschäftigt die Justiz bereits länger: Im April war im Landesgericht Steyr ein 52-Jähriger, der es ebenfalls geteilt und sich ähnlich verantwortet hatte, im Zweifel - rechtskräftig - freigesprochen worden.
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