Die Dieselkrise wurde zur Krise der Gießereien
Die Gießereibranche leidet unter der Umstellung der Autoindustrie auf E-Fahrzeuge.
„Wir müssen uns wieder unsere Nischen erarbeiten“, sagt Adolf Kerbl, Geschäftsführer der metalltechnischen Industrie zur Lage der österreichischen Gießereibranche.
Diese ist nicht gut, was sich an sinkenden Umsätzen und weniger Arbeitsplätzen zeigt. 2024 erwirtschaftete die Gießereiindustrie 1,4 Milliarden Euro Umsatz – ein Minus von rund sieben Prozent zum Jahr davor. Über 500 Jobs gingen in den vergangenen drei Jahren verloren, die Zahl der Mitarbeiter liegt erstmals unter 6.000.
Keine Zuwächse
Für heuer sei kein Zuwachs zu erwarten. „Wir erleben aktuell einen gefährlichen Trend, es gibt kaum mehr Neuinvestitionen“, bringt es Kerbl im KURIER-Gespräch auf den Punkt. Die Auftragslage liege heuer zehn Prozent unter dem Vorjahreswert – es ist zu wenig Arbeit für die Beschäftigten da. Kerbl: „Einige Betriebe haben von Drei- auf Zweischicht umgestellt und andere werden größere Betriebsurlaube machen.“ Es erweise sich nun als positiv, dass der KV-Abschluss heuer moderat ausgefallen sei. 2023 war das nicht so: 9,6 Prozent Lohn-Plus haben der ohnehin angeschlagenen Branche stark zugesetzt. Kerbl: „Zu den Lohnabschlüssen kamen noch exorbitant hohe Energiepreise.“
Automobillastig
Kerbl rechnet nicht damit, dass es 2026 besser wird. Beim Stellenabbau sollte aber „der große Schwung vorbei sein“. Die österreichische Gießereiindustrie besteht aus rund 35 Betrieben – einige der größten wie TCG Unitech (850 Mitarbeiter) oder Borbet Austria (770 Mitarbeiter) sind in Oberösterreich beheimatet.
Adolf Kerbl: Alles, was bisher galt, gilt nicht mehr
Die Branche ist extrem automobillastig: Rund 80 Prozent des Umsatzes werden mit VW, Mercedes, BMW, Audi & Co erwirtschaftet. So beliefert Borbet etwa von Ranshofen aus viele deutsche Hersteller mit Alufelgen. Unitech wiederum stellt an vier Standorten im oö. Kremstal Druckguss- und Spritzgussteile u. a. für Porsche, BMW und Magna her. Was allen deutschen Autoherstellern gemein ist: Es geht ihnen nicht sonderlich – was damit auch ihre Zulieferer trifft.
Verschärft wird die Lage, dass E-Autos weiter am Vormarsch sind und Teile, die österreichische Gießer herstellen (etwa Zylinderköpfe), für E-Motoren nicht gebraucht werden. Die Krise der Dieselmodelle sei zur Krise der Gießer geworden, so Kerbl: „Alles, was bisher gegolten hat, gilt nicht mehr. Wir müssen als Branche einfach den Wandel mitmachen.“
Qualität, Kundennähe
Wie dieser aussieht, ist noch nicht sicher: Ausflüge in andere Kundensegmente haben sich teils als nicht fruchtbringend erwiesen. Kerbl sieht die Branche dennoch nicht in Gefahr. „Wir haben enormes Potenzial bei Forschung und Entwicklung, wir haben Flexibilität und wir haben vor allem die Nähe zu den Kunden.“ Zusammen mit der hohen Qualität seien das Stärken, die die Branche widerstandsfähig machen.
80 Prozent Export
Die österreichische Gießereiindustrie beschäftigt 5.933 Mitarbeiter, die im Vorjahr 270.000 Tonnen Gussprodukte hergestellt haben. Die Exportquote liegt bei 80 Prozent. Weitere oberösterreichische Unternehmen sind Newak (Linz), AIC (vormals SLR Steyr), Wagnerguss (Enns) und Mahle (Vöcklabruck) sowie in anderen Bundesländern Eisenwerk Sulzau-Werfen, Austria Druckguss, Maschinenfabrik Liezen und Gießerei Ges.m.b.H. und die Julius Blum GmbH.
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