Der Zauber des Schaukelstuhls

Seppy mit dem Schaukelstuhl
Ich weiß gar nicht, ob ihn jemals wer benützt hat, denn in keinem unserer Theaterstücke hatte dieses wackelige Ding eine Aufgabe. Ich weiß das ganz genau, weil ich fast überall mitspiele. Aber irgendwie geht ein geheimnisvoller Zauber von diesem Zappelsessel aus. Wenn ich nur wüsste, was das ist.
Jetzt kann ich darüber eh nicht nachdenken, denn ich muss mich auf meine Rolle konzentrieren, sonst vergesse ich am Ende noch meinen Text. Das wäre mir ziemlich peinlich, denn ich mag die Kinder nicht enttäuschen, obwohl sie es oft komisch finden, wenn ich wieder einmal nicht weiterweiß.
Da fällt mir auf, Kasperl hat eine neue Mütze bekommen, die Hexe ein anderes Kleid und der Zauberer einen glitzernden Zauberhut. Nur ich trage mein altes Leiberl und die löchrigen Jeans. Das ärgert mich jetzt, weil die etwas Besseres haben als ich. Ich glaube, Kindern geht es manchmal auch so, wenn andere Kids vielleicht mehr Spielzeug oder cooleres Gewand haben.
Natürlich hat Omama mein unzufriedenes Gesicht bemerkt. „Die Mütze, das Kleid und der Hut sind gereinigt worden, darum schauen sie neu aus. Und wenn du wieder mal unzufrieden mit dir selber bist, dann setz’ dich in den alten Schaukelstuhl in der Ecke, mache die Augen zu und freue dich einfach über das, was du hast.“
Jetzt weiß ich endlich, wozu dieser alte Klappersessel gut ist. Und ich weiß auch, dass man sich viel öfter hinsetzen, die Augen zumachen und ein bisserl dankbar sein sollte. Es muss ja kein Schaukelstuhl sein, irgendeinen Zufriedenheits-Sesserl in einer gemütlichen Ecke gibt es überall.
Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters
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