Das „Fatschenkindl“ von Bethlehem

Krippen OÖ
Oberösterreich und Tirol sind die bedeutendsten Krippenländer nördlich der Alpen. Von Gerlinde Rohrhofer.

Berichte aus den Evangelien nach Lukas und Matthäus bilden die Grundlage der Weihnachtsgeschichte. Hält sich die religiös-christliche Kunst überwiegend an die Bibeltexte, so inszeniert die volkstümlich orientierte die Geburt Christi in der heimatlichen Landschaft mit Szenen aus dem Alltag der dort lebenden Menschen.

Der KURIER sprach mit der Kulturhistorikerin Thekla Weissengruber, zuständig für die Sammlung Volkskunde und Alltagskultur im Schlossmuseum Linz, wo ganzjährig 70 traditionelle Krippen und Darstellungen zum Weihnachtsfestkreis gezeigt werden.

Krippe Landesmuseum

Die Bruckschlöglkrippe ist sechs Meter lang und enthält 689 Figuren und Häuser

In Österreich gibt es Krippen seit dem 17. Jahrhundert, die bildliche Darstellung des Geburtsgeschehens Jesu geht bereits auf das 4. Jahrhundert zurück. Die Krippen brachten eine andere Form der Erzählung in den lateinischen Ablauf der Messgestaltung. Man könnte die szenischen Darstellungen mit dem Lesen von Comics vergleichen. Religiöse Inhalte wurden auf bildliche Art erklärt. In den Stiftskirchen von Garsten, Kremsmünster und St. Florian standen lebensgroße Figuren in Brokatkleidung wie „gefrorene“ Gestalten in der Krippe. Üblich war es, dass Erwachsene und Kinder Krippenspiele aufführten und die Szenen nachstellten. Es sei großes Theater angesagt gewesen, so Weissengruber. Die Leute sollten sehen, da gehe es um Verkündigung; Josef, Maria, das Jesuskind, die Hirten sind beteiligt – damals wie heute.

Krippe Landesmuseum

Die mechanische Krippe aus Gmunden, 1773 bis 1790

Die erste Krippe in Linz gab es bereits 1603, gestiftet von den Jesuiten, die mit ihren Krippen in der Region Traunkirchen eine ansprechende katholische Glaubensvermittlung anstrebten, um ein weiteres Abwandern der Katholiken zu verhindern. Aus denselben Gründen forcierten die Kapuziner in der Gmundner Gegend den Ankauf. Kaiser Josef der II. hatte für dieses „gefrorene Theater“ wenig Verständnis und verbot am 30. Oktober 1782 die Darstellung des Weihnachtgeschehens in den Kirchen. Die Krippentradition verlagerte sich nun in die Privathäuser, es entstanden kleine Krippenkästen und Eckkrippen.

Krippen OÖ

Die Geburtsszene in der Bruckschlöglkrippe

Christbaum

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts führten Pastorenfamilien aus Norddeutschland das Brauchtum um den Christbaum in Österreich ein und verdrängten vorübergehend die Krippen. Weissengruber zu den Moden in der Krippenkultur: „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Kirchenkrippen mit orientalischen Landschaften neu belebt. So musste zum Beispiel 1913 die alte Kirchenkrippe von Bad Ischl, auch Goldene-Sams-Krippe genannt, mit einem Figurenbestand von 1780 bis 1850, einer orientalischen Krippe weichen.“ Neben holzgeschnitzten und Figuren aus Ton gibt es auch mehr oder weniger wertvolle Papierkrippen um achtzehnhundert bis zu den Ausschneidebögen, die der Handel heute noch anbietet.

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