Bitterstoffe tun der Verdauung gut

Silke Kranz
Kohlsprossen, Artischocken, Rucola, Endiviensalat, Löwenzahn, Engelwurz und Enzian helfen. Von Silke Kranz.

Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie körperlich angeschlagen sind und nur an ein einziges Lebensmittel denken können? Ich habe mir kürzlich den Magen verdorben und wollte nur Grapefruit. Seltsam, oder? Denn der bittere Geschmack kommt uns üblicherweise als Letztes in den Sinn. Von klein auf sind wir auf süß und salzig getrimmt, und daran ist nicht nur die Nahrungsmittelindustrie schuld, die uns in eine bestimmte Richtung lenken möchte.

In der Muttermilch

Es gibt Untersuchungen mit Säuglingen, denen Flüssigkeiten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten werden, und nur süß und salzig werden nicht wieder ausgespuckt. Das liegt daran, dass Muttermilch genau diese Geschmäcker enthält, nicht aber die anderen drei: sauer, umami und bitter. Gerade bittere Substanzen werden verweigert, und das ist auch gut so, denn zum Beispiel giftige Pflanzen schmecken sehr häufig bitter.

Viele Funktionen

Die Geschmacksrezeptoren finden sich nicht nur auf den Knospen der Zunge, sondern auch im Rachenraum, im Darm, der Haut und sogar im Gehirn. So können zum Beispiel die Bitterstoffe aus dem Salbei die Atemmuskeln entspannen, die Bronchien erweitern und somit das Atmen erleichtern. In der Haut können sie uns vor zu viel Sonne, Bakterien oder Giften schützen. Im Gehirn wirken sie auf das vegetative Nervensystem, können uns also je nach Situation mehr Ruhe oder mehr Energie schenken. Und im Verdauungstrakt regen sie an, was mein beleidigter Magen benötigt hat: Die Produktion von Magensäure, aber auch von Bauchspeicheldrüsen- und Gallenflüssigkeit. Im gesunden Zustand wird übrigens auch die sogenannte Peristaltik, der Weitertransport des Nahrungsbreis, gefördert. Gleichzeitig wird der Appetit angeregt und ein rechtzeitiges Sättigungsgefühl eingeleitet. Bitterstoffe sorgen also ganz allgemein dafür, dass unsere Verdauung im Lot ist.

Bittere Pflanzen

Kein Wunder, dass mir nach Grapefruit zumute war. Andere Vertreter wirksamer bitterer Pflanzen sind etwa Kohlsprossen, Artischocken oder aktuell Rucola und Endiviensalat. Bevorzugen Sie Kräuteressenzen, Öle und Co, halten Sie sich an Löwenzahn, Engelwurz oder Enzian. Dieser enthält die bitterste natürliche Substanz, das Amarogentin, das selbst in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen noch wahrnehmbar ist.

Auch im Bier sind Bitterstoffe

Abschließend noch ein Hinweis: Auch im Hopfen finden sich jede Menge Bitterstoffe. In angenehmer Gesellschaft wirkt sich ein Gläschen Hopfen hin und wieder bestimmt auch vorteilhaft auf Ihren Gesundheitszustand aus. Prost!

Autorin Silke Kranz ist diplomierte Ernährungs- und Sportmedizinerin und Ärztin für Allgemeinmedizin in Bad Zell.

Kommentare