Bangen in der KTM-Stadt Mattighofen
Wie wird es bei KTM weitergehen?
Wie es weitergehen wird? „Ich weiß nicht, hoffentlich so wie früher“, sagt Avram (Name von der Redaktion geändert), der auf der Linie 4 im Hauptwerk von KTM in Mattighofen arbeitet. Es ist 14 Uhr und Hunderte Arbeiter verlassen das Werk nach Ende der Frühschicht.
Es laufe alles und das Arbeitsklima sei super, so Avram. Aber: „Niemand weiß, welche Änderungen es geben wird.“
Verwaltung zu groß
Dass welche anstehen, hat Neo-KTM-Haupteigentümer Rajiv Bajaj vor einigen Wochen bereits angekündigt: Es gebe zu viele Verwaltungsjobs, Rationalisierungen seien unausweichlich. „Zu viele Manager managen“, brachte es Bajaj in einem TV-Interview auf den Punkt und meint damit vor allem Einsparungen bei den KTM-Angestellten. Seit Ende 2024 wurde der Personalstand bereits um 700 Beschäftigte gekürzt – vor allem bei den Arbeitern.
In Munderfing und Mattighofen sind 2500 Mitarbeiter beschäftigt.
In den Werken Munderfing und Mattighofen sind derzeit insgesamt 2.500 Mitarbeiter beschäftigt. Dass bei den Angestellten „abgespeckt“ werden muss, sieht auch Betriebsratschef Friedrich Baumgartner so: „Wir haben zum Beispiel drei Marketingabteilungen, da macht Zusammenlegungen sicher Sinn.“ Zusatz: „Wenn der Herr Bajaj schrumpft, dann ist das so.“ Eine ungewöhnliche Sicht für einen Betriebsrat, weshalb Baumgartner gleich hinzufügt: „Natürlich kämpfen wir um jeden Job.“
Bajaj zahlte 800 Mio.
Man weiß aber auch, dass man Bajaj etwas schuldig ist: Durch dessen Millionenzuschüsse konnte KTM gerettet werden. Baumgartner: „Wir standen kurz vor dem Ende.“ Die möglichen Änderungen sorgen nicht nur für Verunsicherung bei der Belegschaft. „Die Bevölkerung hat Angst, dass Teile der Produktion verlegt werden“, sagt Mattighofens Bürgermeister Daniel Lang zum KURIER.
Bürgermeister Daniel Lang
Der erste Schnitt hat die Stadt bei den Kommunalsteuereinnahmen hart getroffen: Projekte in Höhe von 1,2 Millionen Euro mussten verschoben werden. „Wir müssen sparen, weil wir nicht in den Härteausgleich kommen wollen.“ Die Ankündigung, dass Bajaj Mobility von Wels nach Mattighofen zieht und die Gas-Gas-Produktion von Spanien nach OÖ verlegt, stimme zwar positiv – doch die Sorge bleibt. Bei KTM antwortet man auf KURIER-Anfrage zum Thema Produktionsverlagerungen: „Das Ziel bleibt, die Produktion hier in Österreich zu erhalten.“ Bajaj habe dem Unternehmen mit 800 Millionen Euro das Überleben gesichert. „Damit wurde auch der Marke KTM und dem österreichischen Standort ein klares Bekenntnis ausgesprochen.“
Christine Sigl ist skeptisch.
Eine Sicht, die nicht überall in der Bevölkerung der Innviertler Stadt geteilt wird. „Die meisten glauben, dass die jetzige Situation nicht lange dauert und dann nach Indien verlagert wird“, sagt Christine Sigl, Modegeschäftsbesitzerin am Stadtplatz. Eine Auslagerung würde die Region in große Bedrängnis bringen: Schon jetzt kriselt es rundum in den Industriebetrieben des Innviertels und darüber hinaus. Denn einer der größten Arbeitgeber liegt über der Grenze in Burghausen. Dort betreibt die Wacker AG einen riesigen Chemiepark mit 8.300 Mitarbeitern – 730 davon aus Österreich.
Auch Wacker kündigt
Von diesen sind fast alle (710) aus Oberösterreich, weshalb man mit Bangen auf die Auswirkungen eines vor wenigen Tagen angekündigten Kostensenkungsprogrammes inklusive Jobstreichungen wartet. Und auch in Braunau ist die Situation nicht rosig: „Es gibt Absatzschwierigkeiten in der Industrie und wir befürchten Kürzungen“, sagt Klemens Steidl, Obmann der Wirtschaftskammer.
KTM ist auch im Rennsport aktiv.
Welche Folgen das hat, ist noch nicht sicher: Denn die Klein- und Mittelbetriebe suchen nach wie vor Arbeitskräfte. Diese seien durch den Abbau bei KTM nun wieder leichter zu bekommen – und auch die Forderungen nicht mehr so überzogen, so Steidl. Viele der vom Jobabbau Betroffenen seien – vorbei am AMS – direkt in solche Betriebe gewechselt. „Auch die Lehrlingssituation hat sich verbessert – die gehen jetzt nicht mehr nur zu den Großen,“ so Steidl.
Perspektive ist da
Dennoch wäre eine Kürzung bei KTM und vor allem eine Produktionsverlagerung – für die es derzeit noch keine Signale gibt – ein Schlag für die Region. KTM-Betriebsrat Friedrich Baumgartner glaubt nicht an einen solchen Schritt: „Wir haben hier das Know-how, die Forschung und Top-Arbeitskräfte, eine Auslagerung würde keinen Sinn machen.“ Auch Steidl sieht die Situation optimistisch: „Es läuft wieder bei KTM, es gibt eine Perspektive.“
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