Aus Kaiserpfalz ein Chorherrenstift

Die Klosterkirche ist ausgesprochen prächtig
Ranshofen. Karl der Große machte aus Ranshofen eine Kaiserpfalz – 1125 wurde ein Stift gegründet

Weit reicht der Blick über den Inn ins Bayrische, wenn man am Ranshofener Schlossberg steht. Vielleicht war das der Grund für den Bayernherzog Tassilo III., im Jahr 788 hier vier Kilometer südlich des heutigen Braunau eine herzogliche Pfalz zu errichten. Daraus wurde wenig später unter Karl dem Großen eine Kaiserpfalz. Von der sehen wir bei unserem herbstlichen Besuch allerdings nichts mehr. Dafür befinden sich hier jetzt die Reste eines im Jahr 1125 gegründeten Augustiner-Chorherrenstiftes. Wir betreten die weitläufige Anlage durch ein prächtiges Tor und wenden uns dem Prunkstück, der barockisierten Stiftskirche zu.

Der Ranshofener Heinrich Harweck weist auf die Besonderheit dieses sakralen Kunstwerks hin, den Akanthus-Stil. Die zu den Distelgewächsen zählende Akanthus-Blume zieht sich als Blattverzierung durch das gesamte Kircheninnere, sei es gemalt oder als Stuck. Nicht nur ein monumentaler Hochaltar zieht die Blicke des Besuchers an, sondern weitere sechs Altäre, alle reich verziert. Der mittelalterliche Mensch sollte so wohl eindringlich auf das Jenseits vorbereitet werden. Probst Ivo Kurzbauer hat als Erbauer damit etwas Einmaliges im deutschen Sprachraum geschaffen. Er hat sich auch im Abwehrkampf gegen die Türken verdient gemacht. Ein Türke in seinem Wappen erinnert daran.

Mitten im Friedhof beeindruckt der historische Karner aus dem Jahr 1337. Wenn die hier gesammelten Knochen über ihre Schicksale berichten könnten, man würde wohl zwischen Staunen und Entsetzen pendeln. Daneben kündet die mittelalterliche Totenleuchte vom damaligen Brauch, bei einem Todesfall ein Licht anzuzünden.

Aus Kaiserpfalz ein Chorherrenstift

Ranshofen

Im Karner sind Gebeine aufbewahrt

Aus Kaiserpfalz ein Chorherrenstift

Ranshofen

 Die Totenleuchte: Ein Licht für jeden Verstorbenen

Auf dem weiteren Rundweg durch die alte Klosteranlage verwundert das Schild: „Älteste Bäckerei Österreichs“ von 1125. Harweck: „Jedes Kloster hatte eigene Handwerksbetriebe wie Bäckerei oder Brauerei. Diese versorgten die Bewohner des Klosters. Da das Stift in der nachnapoleonischen Zeit 1812 aufgelöst wurde, hatte diese Bäckerei wohl keine Kundschaft mehr. Das Salzstangerl der heutigen Bäckerei schmeckt jedenfalls vorzüglich. Wohl nicht zufällig führt genau hier einer der bedeutendsten Pilgerwege, die Via Nova, durch. Wir folgen ihr und steigen die 30 Höhenmeter hinunter, bis wir den Inn-Fluss erreichen. Breit und gemächlich, fast wie ein See, nähert er sich hier dem Kraftwerk Braunau-Simbach.

Aus Kaiserpfalz ein Chorherrenstift

Die älteste Bäckerei Österreichs

Auf dem Uferweg gehend pendelt der Blick zwischen dem leise plätschernden Gewässer auf der einen Seite und den urwaldähnlichen Innauen mit den dschungelartigen Baumriesen auf der anderen. Nach der Reise in die Geschichte ist das eine gute Möglichkeit einer Reise zu sich selbst. Der Pilgerspruch kann hier Wirklichkeit werden: „Was das Herz berührt, setzt die Füße in Bewegung.“ So genießen wir eine Gehstunde lang die meditative Stimmung, ehe wir uns auf den Rückweg begeben und im Gasthof Putscher einkehren.

Josef Leitner ist Universitätslektor und besucht mit seinem Reisemobil interessante Plätze der Kultur und Natur

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