Auf Entdeckungsreise durch das idyllische Rodltal

Das kühlende Plätschern des bräunlich sprudelnden Naturwassers der Rodl erfrischt die müden  Wanderer. Das Wasser windet sich zwischen unzähligen Granitsteinen
Rundwanderweg. Von der Pfarrkirche durch entlang des Flusses bis zum naturbelassenen Schwimmbad. Ein Streifzug durch die Natur vor den Toren von Linz.

Waren früher die Jäger und Sammler unterwegs, um etwas Neues zu entdecken, so bewegen sich die Wanderer auch heute noch aus demselben Urinstinkt: Sie wollen ebenfalls etwas Bereicherndes entdecken.

In Gramastetten ist dies perfekt möglich. Der kultur- und naturhistorische Wanderweg kombiniert aus einigen der achtzehn Rundwege des Ortes ein wahres Eldorado an Erlebniselementen.

Wir lassen uns vom eigens für diesen Weg entworfenen Markierungszeichen leiten, einer Fußsohle mit einem Auge in der Mitte. Wir beginnen den Rundweg bei der Pfarrkirche in Gramastetten. In Begleitung des Buchautors und Konsulenten Thomas Schwierz wird der dreistündige Rundweg angereichert mit vielerlei Anekdoten und geschichtlichen Fakten zum Erlebnis.

Schwierz: „Der Ortsname Gramastetten leitet sich vom mittelalterlichen Stätten des Grimhard‘ ab. Dieser war ein Gefolgsmann der Herren von Wilhering. Deren Herrschaftsgebiet reichte von der Donau bis zur böhmischen Grenze und von der kleinen Rodl bis zum Haselgraben.“ Jeder kennt wohl das Stift Wilhering, nicht jedoch, dass dieses mit den Bauteilen der ehemaligen herrschaftlichen Burg errichtet wurde.

Urteile

Der Marktstraße hinunter folgend gelangen wir bald zur Abzweigung Richtung Kreuzweg. Bemerkenswerterweise heißt diese Straße „Urtl-Straße“. Hier wurde im Mittelalter unter freiem Himmel Urteil gesprochen. Heute wohnen an diesem Ort friedlich gesinnte Bewohner und nichts ist mehr zu sehen vom steinernen Beratungstisch am Gerichtsplatz.

Schon bald erreichen wir an der Kuppe des Berges die Kalvarienbergkirche. Ein fleißiger Helfer mäht gerade die angrenzende Wiese. Es ist Adi Lehner, der auch Obmann des örtlichen Kameradschaftsbundes ist. Er weist auf einen Gedenkstein hin, der an die Vertreibung zahlreicher Menschen aus dem Sudetenland erinnert. Viele von ihnen haben nach dem Krieg in Gramastetten eine neue Bleibe gefunden. Heute ist dieser Ort als Tauf- und Hochzeitskapelle sehr beliebt. Der Rundweg setzt sich hinter der Kirche fort und führt – immer an einem Höhenrücken entlang - vorbei an alten Bildsäulen, Gedenksteinen, einer mächtigen Linde und mehreren Bauernhöfen, allesamt seit Jahrhunderten mit der Landschaft verwachsen. Auch ein Stück der alten Linzer Straße wird begangen.

Schließlich wendet sich der Weg vorbei an der heilkräftigen Augenbründl-Quelle hinunter ins Tal der Rodl. Nach der freien Höhenluft begleitet nun das kühlende Plätschern des bräunlich sprudelnden Naturwassers die Wanderer. Eine Brücke über die Rodl wird überquert und es geht flussaufwärts weiter. Ein besonders romantisches Wegstück liegt vor uns. Gurgelnd und sprudelnd findet das Wasser seinen Weg zwischen unzähligen Granitsteinen. Der Autor des Psalms könnte hier gewesen sein, als er schrieb: „Ein sprudelnder Bach ist der Quell der Weisheit.“

Zeitgenössische Reisende könnten hier sogar an die Levadas auf der Insel Madeira erinnert werden. So gönnen wir uns eine ausgiebige Pause und lassen uns von der Kraft des Wassers inspirieren. Beim folgenden Wegstück zeigt der Fluss noch ganz andere Qualitäten. Er dient zur Stromerzeugung. Sichtlich verwitterte Metallrohre säumen den Wanderweg und werden teilweise durch einen offenen Wasserkanal abgelöst . Dieser sammelt einen Teil des Rodlwassers, um es einem nahegelegenen Kraftwerk zuzuführen. Schwierz kennt dazu die Geschichte: „Bereits seit 1890 bis zum heutigen Tag wird hier Strom gewonnen. Bis zum Jahr 1961 wurde Gramastetten von selbst erzeugtem Strom versorgt.“ Nach der Überquerung einer Fußgängerbrücke, die uns ans andere Ufer leitet, erleben wir eine besondere Überraschung.

Auf der alten Linzer Straße geht es gemütlich dahin

Die alte Linzer Straße

Auf der alten Linzer Straße geht es gemütlich dahin

Aus einem Granitblock gefertigter Bildstock

Bildstock

Aus einem Granitblock gefertigter Bildstock

Die „Jahresstiege“ führt steil in die Höhe.

Die "Jahresstiege"

Die „Jahresstiege“ führt steil in die Höhe.

Der Pelikan opfert sein Blut für die Jungen.

Der Pelikan

Der Pelikan opfert sein Blut für die Jungen.

Bald wird das Wasser für das Schwimmbecken wieder aufgestaut

Waldbad

Bald wird das Wasser für das Schwimmbecken wieder aufgestaut

Badespaß

Das Waldbad ist erreicht. Hoch engagierte Gemeindebürger haben vor 50 Jahren mit viel persönlichem Einsatz diese Badeanlage errichtet. In der heißen Jahreszeit wird das Schleusentor geschlossen und das munter plätschernde Wasser der Rodl aufgestaut. Das Schwimmbecken bietet perfektes Badevergnügen für sportliche Schwimmer. Kinderbecken und Liegewiese in der idyllischen Waldlichtung machen die Anlage auch für Familien einladend. Ein wunderbares Beispiel dafür, wozu Idealisten imstande sind.

Experten wissen, dass sich die frühsommerliche Wassertemperatur von derzeit 16 Grad maximal der 20-Grad-Marke nähern wird. Erfrischend bleibt das Waldbad also auf jeden Fall. Weiter geht es flussabwärts. Nach wenigen Gehminuten öffnet sich der Wald und gibt den Blick auf eine steile Lichtung frei.

Die einzigartige „Jahresstiege“ ist erreicht, fast schon ein Wahrzeichen von Gramastetten. Lose aufeinander geschlichtete Granitsteine, die an die Reste einer gewaltigen Festungsmauer denken lassen, bilden eine Stiege aus 365 Natursteinen. Zählt man für jede Stufe einen Tag, hat man am Ende genau ein Jahr durchstiegen. Und man ist nach den 72 Höhenmetern Aufstieg ganz schön außer Atem.

Der Errichter dieser Anlage, der Arzt Alois Peither, hat von 150 Jahren dafür sein ganzes Vermögen investiert, um den Armen der Gemeinde Arbeit und Anbauflächen für Gemüse zu geben. Wieder ein Beispiel eines besonderen Idealismus. Die Kirchleiten ist erreicht und führt nach wenigen Gehminuten zurück ins Ortszentrum. Die gotische Kirche birgt vielfältige Schätze. Einzigartig ist die im prunkvollen Hochaltar integrierte Figur eines Pelikans, der sich selbst verwundet, um seine Jungen mit dem eigenen Blut zu ernähren. Ein selten dargestelltes christliches Symbol. So endet dieser spannende Rundweg. Es empfiehlt sich, noch ein Stück lebendige Geschichte als Wegzehrung mit nach Hause zu nehmen: Eine Packung wohlschmeckender Gramastettner Krapferl, deren Geheimrezept schon über hundert Jahre alt ist.

Kommentare