Er habe gut zeichnen können und „alles „vollgetagelt“, vollgekritzelt, erinnert sich Alois an die Kindheit. Weil aus bescheidenen Verhältnissen abstammend, reicht es nicht für eine einschlägige Ausbildung. Er wird Zollwachebeamter, betätigt sich nebenher künstlerisch. Ein Vorgesetzter erkennt sein Talent, organisiert in Bad Leonfelden eine Ausstellung. Sein erster Käufer, erzählt Alois, ist ein Straßenmeister aus dem Mühlviertel, wo er damals stationiert ist, der ein Stillleben in Öl erwirbt.
Spätberufene
Annerose (Jahrgang 1949) wächst in Passau auf und arbeitet dort bis zur Ehe mit Alois in einem Büro. Als die gemeinsamen Kinder erwachsen werden, wagt sie sich in den 1980ern ebenfalls als Autodidaktin an die Bildhauerei heran. Vom Vater – er ist Herrgottsschnitzer – borgt sie sich Holz und Werkzeug aus, mit der Bitte, keine Kommentare abzugeben. „Er hat sich daran gehalten, dafür bewundere ich ihn.“
Beharrlichkeit
„Natürlich hat das rein Autodidaktische viele Nachteile“, sagt Alois. Jene, die von der Akademie kamen, hätten ihm viel vorausgehabt. Er gleicht das durch Konsequenz und Beharrlichkeit aus. Über das Gegenständliche findet er zu seinem Stil. Unablässig, geradezu besessen, zeichnet und malt er Möbelstücke, Sofas, Fauteuils, Stühle, immer und immer wieder, variantenreich, hin zur markanten Handschrift.
Unbeirrt geht auch Annerose ihren Weg. Ihr Material ist Holz, das sie kraftvoll bearbeitet, grobe Strukturen belassend, bemalt. Die farbenfrohen Skulpturen stellen Frauen nicht als idealisierte Wesen dar, sondern als starke und individuelle Persönlichkeiten. Trotz ihrer formalen Schwere strahlen sie Harmonie, Ruhe, Sensibilität, aber auch Grazilität aus. Nach und nach, wesentlich auch in großformatigen Triptychen, wendet sich Alois zunehmend der Abstraktion zu. Der Übergang ist fließend, nicht sprunghaft, das Unverkennbare bleibt erhalten, tritt noch stärker hervor.
Abstrakt?
Es sei eine wenig ergiebige Diskussion, schreibt Matthias Part anlässlich Riedls 75er im OÖ. Kulturbericht, inwieweit es sich bei seinen späteren Arbeiten noch um gegenständliche oder doch schon um abstrakte Kunst handle. „Entscheidend ist die formale Konsequenz, wie Riedl seit Jahrzehnten bestimmte Bildideen umsetzt.“
„Ich habe nie eine eigene Linie gesucht, es hat sich so ergeben“, beschreibt Annerose ihre Entwicklung. Gerwald Sonnberger, Gründungsdirektor des Museums Moderner Kunst in Passau, hat ihr Werk einmal so charakterisiert. Dieses treffe durch Einfachheit, Klarheit und selbstbewusste Kraft eine überzeugende Aussage.
Alois ist seit Kurzem 90 und von bewundernswerter Agilität. Er arbeite noch ein bisschen, sagt er. Allein, ohne Hilfe von Annerose wäre aber vieles nicht mehr möglich. Was jetzt noch gelinge, sei schön, ändere aber nichts am Status quo. „Es ist wurscht, ob es passiert oder nicht“. Eine Bilanz über sein langes Künstlerleben lässt er sich nicht abringen. Auf diese Frage sei er noch nie zu einer zufriedenstellenden Antwort gekommen. So viel nur: „Mehr habe ich nicht können, und das habe ich gemacht.“ Understatement eines Großen der Gegenwartskunst, dessen Strahlkraft weit über Oberösterreich hinausreicht.
Der runde Geburtstag wird mit einer Serie an Ausstellungen gefeiert. So ist in der Schlossgalerie Schärding ein Teil der Sammlung zu sehen, welche die Riedls über die Zeit zusammengetragen haben.
Zum Abschluss des Reigens werden sich Alois und Annerose im Herbst im Linzer Schlossmuseum gemeinsam präsentieren, passend für eine fast sechs Jahrzehnte während Partnerschaft im Leben wie in der Kunst.
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