Umweltskandale: Österreich ist säumig

Eine Gruppe von vier Personen posiert vor einer Wand mit Holzvertäfelung.
Bürgerbeteiligung bei Umweltfragen nicht umgesetzt, EU-Kommission hat Verfahren gegen Österreich eingeleitet

Angesichts des HCB-Skandals im Kärntner Görtschitztal und der milden Urteile im Korneuburger Kwizda-Prozess fordern GLOBAL 2000 und das ÖKOBÜRO (Zusammenschluss verschiedener österreichischer Umweltorganisationen, Anm.) mehr Handhabe für die Zivilbevölkerung bei Umweltfragen. Eine solche Mitbestimmung ist prinzipiell in einem Abkommen der Vereinten Nationen, der sogenannten Aarhus-Konvention, aus dem Jahr 1998 geregelt. Was die vollständige Umsetzung dieser Bürgerbeteiligung betrifft, ist Österreich als europaweit einziges Land säumig, weshalb die EU-Kommission nun mit Klage droht. Die Umweltorganisationen fordern die unverzügliche Umsetzung aller ausstehenden Punkte, insbesondere der Informationspflicht, Öffentlichkeitsbeteiligung sowie des Zuganges zum Gericht.

Zugang zum Gericht

„Umweltschäden haben sehr oft mit fahrlässigen, aber auch kriminellen Handlungen zu tun“, weiß Helmut Burtscher, Umweltchemiker von GLOBAL 2000. „Umweltkriminalität ist ein äußerst lukratives Geschäft mit hohen Profiten, geringem Risiko und zumeist milden Strafen“, sagt er weiter. Vor allem Kontrolle ist ihm ein Anliegen, die ist aber derzeit in die Eigenverantwortung der Betriebe ausgelagert. „Man kann gewinnorientierten Unternehmen nicht zumuten, sich selbst so streng zu kontrollieren“, meint auch Sandra Rauecker-Grillitsch, Umweltgemeinderätin aus Korneuburg. „Das muss eine Behörde machen.“

Rasche Information

Wie der Fall Kwizda zeige, habe das Zusammenspiel zwischen kontrollierender Behörde und Konzern-Betreibern nicht geklappt, erläuterte Burtscher. Die zuständige Behörde hat es verabsäumt, eine Dichtheitsüberprüfung der Betriebsanlagen einzufordern. Die Bevölkerung wurde erst ein dreiviertel Jahr später durch die Medien von der Verunreinigung des Grundwassers informiert. Auch die HCB-Kontamination in Lebensmitteln wurde erst ein halbes Jahr nach Auftauchen der ersten Fälle öffentlich gemacht.

Nun erhält die dort lebende Bevölkerung jeden Tag andere Anweisungen zum Konsum bzw. Nicht-Konsum der Lebensmittel. „Man ist total verunsichert, wem man was noch glauben soll“, erzählt Thomas Liegl, ein betroffener Landwirt aus dem Görtschitztal. „Wir brauchen eine ehrliche Kommunikation“, sagt Burtscher dazu. Durch rasche Information und Miteinbeziehung der Öffentlichkeit sollen Umweltschäden in diesem Ausmaß in Zukunft vermieden werden.

Laut Vorgabe der Aarhus-Konventionen werden auch Schulungen für Behörden, Richter und Staatsanwälte im Aarhus-Recht gefordert. Im Umweltstrafrecht spezialisierte Staatsanwälte sollen bei Umweltverfahren eingesetzt werden, empfehlen ÖKOBÜRO und GLOBAL 2000.

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