St. Pölten: Seit einem Jahr im Justiz-Visier

Rathaus St. Pölten im Visier der Justiz.
Swap-Deal beschäftigt weiterhin die Korruptionsermittler und wird ein Fall fürs Parlament.

Nur nicht hudeln – nach diesem Motto harrt ein nö. Finanzskandal noch immer seiner Aufklärung. Seit rund einem Jahr ermittelt nun der Korruptionsstaatsanwalt im umstrittenen St. Pöltener Swap-Deal, im Grunde Zinswetten der Jahre 2003 und 2007 auf den Schweizer Franken, die der Landeshauptstadt schwere Verluste bescherten. Ein Ende der Untersuchungen ist nach wie vor nicht in Sicht.

Ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen der involvierten Bank und der Stadt wurde erst 2016 durch einen Vergleich mit Raiffeisen beigelegt, der die St. Pöltener 43,3 Millionen Euro gekostet haben soll. Die ÖVP gab sich damit damals nicht zufrieden, schickte eine Sachverhaltsdarstellung ans Gericht. Im Mai 2017 marschierten die Korruptionsermittler im Rathaus ein. Der „Verdacht der Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung“ hatte sie auf den Plan gerufen. Geprüft wird seitdem etwa der Vorwurf, Bürgermeister Matthias Stadler habe den Finanzausschuss der Stadt bei den Geldgeschäften gezielt umgangen.

Risikolimit

Eigentlich hatte der St. Pöltener Gemeinderat nämlich für solche Finanzgeschäfte ein klares Risikolimit festgelegt. Diese Bremse sollte garantieren, dass eine bestimmte Verlusthöhe nicht überschritten wird. Diese Regel soll Stadler per Unterschrift ausgeschaltet haben, heißt es in der Anzeige. Und nur dadurch habe es passieren können, dass der mögliche Verlust aus einem der Finanzgeschäfte plötzlich bei rund 65 Millionen Euro gelegen sei – 32 Mal höher als erlaubt. Erst dann zog die Stadtführung die Notbremse: Es kam zu einem Rechtsstreit, weil sich die Stadt falsch beraten fühlte. Und dann zum erwähnten Vergleich mit der Bank.

Ergebnisse hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft noch keine. „Wir pfuschen nicht, wir hudeln nicht, wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen“, sagt Oberstaatsanwalt René Ruprecht. Es seien sehr viele Unterlagen sichergestellt worden, die alle ausgewertet werden müssten. Das Thema Swap an sich sei „ein sehr komplexes“.

Matthias Stadler lebt nun seit fast einem Jahr mit der Ungewissheit, ob Anklage gegen ihn erhoben wird. Der Bürgermeister gibt sich gegenüber dem KURIER gelassen: „Diese Dinge dauern so lang, wie sie dauern. Das kann man sowieso nicht beeinflussen.“

Anfrage

Die Geduld der ÖVP in St. Pölten ist jedenfalls zu Ende. Bereits kommende Woche wird der St. Pöltener Nationalrat Fritz Ofenauer eine parlamentarische Anfrage zur Causa einbringen. Er will Aufklärung darüber, ob nun mit einem Verfahren zu rechnen ist und wann. „Außerdem wäre interessant zu erfahren, ob St. Pölten mit irgendwelchen Schadenersatz-Summen zu rechnen hat. Wer auch immer die leisten muss“, sagt der Klubchef der Stadt-ÖVP, Peter Krammer. Das Geld wäre angesichts zahlreicher Stadtentwicklungsprojekte gut zu gebrauchen. „Auch im Hinblick auf unsere Bewerbung zur Kulturhauptstadt“, fügt Krammer hinzu.

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