St. Pölten: Prozess um schweren Unfall mit Geisterwaggons

St. Pölten: Prozess um schweren Unfall mit Geisterwaggons
18 Menschen wurden bei einem Bahnunfall vor zwei Jahren verletzt. Ein 53-Jähriger soll das Unglück ausgelöst haben.

Seit 32 Jahren arbeitet Johann F. (Name geändert, Anm.) für die ÖBB, er ist ein Eisenbahner durch und durch. Ausgerechnet dem 53-Jährigen soll am 19. Oktober 2016 ein Fehler passiert sein, der dazu führte, dass mehrere Waggons mit bis zu 60 km/h gegen einen Personenzug krachten. 18 Passagiere wurden verletzt, vier davon schwer. Ein Mann, der einen Schädelbasisbruch und Gesichtsverletzungen erlitten hatte, kämpft bis heute mit den Folgen des Unglücks. Er fordert 50.000 Euro Schmerzensgeld, bislang bekam er von den ÖBB 10.000 Euro überwiesen.

F. war als Verschubarbeiter tätig, als er am Bahnhof in Randegg, Bezirk Scheibbs, eine folgenschwere Unachtsamkeit begangen haben soll. Laut Anklage habe es der Mostviertler unterlassen, den Bremsabsperrhahn zu öffnen und eine abschließende Bremsprobe durchzuführen. Dadurch setzte sich eine Wagengruppe – bestehend aus einem Mannschafts- und vier leeren Güterwagen – in Bewegung und rollte bis zum Bahnhof Wieselburg, wo es zu dem heftigen Zusammenstoß kam.

Bremsprobe

Für den Staatsanwalt ist die Sachlage klar, er beruft sich auf ein Gutachten aus dem Bereich Eisenbahnwesen, das eine eindeutige Sprache spreche: Grund für das Entrollen sei die nicht ordnungsgemäße Sicherung gewesen.

Einen technischen Defekt könne man zudem ausschließen, wie Versuche mit der Unfallgarnitur ergeben haben. Die Ursache könne nur darin bestehen, dass eine Dienstvorschrift verletzt wurde, sagte der Gutachter auf die Frage von Richter Slawomir Wiaderek. Dieser Sichtweise widerspricht der Angeklagte vehement. Er habe beim Abkuppeln und der Bremsprobe vorschriftsmäßig gehandelt, es sei ihm „unerklärlich“, wie sich die Waggons plötzlich selbstständig gemacht haben können.

Sprachaufzeichnungen

Die Einzelrichterverhandlung wurde zur Beschaffung zusätzlicher Unterlagen auf unbestimmte Zeit vertagt. Konkret sollen Informationen zu Sprachaufzeichnungen und eine fehlende Übersicht über Instandhaltungsaufträge zu einem Waggon eingeholt werden.

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