Pendeln nach Wien: Mehr Sitzplätze in S-Bahn gefordert

Pendeln nach Wien: Mehr Sitzplätze in S-Bahn gefordert
Laut Land NÖ liegt Öffi-Problem an mangelnder Kapazität in der Bundeshauptstadt. Lösungsideen richtet man der Stadt aus

188.000 Erwerbstätige pendeln täglich aus NÖ nach Wien. Viele mit dem Auto. Im Bereich der Südbahn nutzen etwa nur 27 Prozent der Pendler die Öffis. Lediglich an der Franz-Josefs-Bahn überwiegen mit 56 Prozent die Bahnfahrer. Immer wieder wird dem Land NÖ vorgeworfen, lieber in den Straßenbau als in den öffentlichen Verkehr zu investieren – Kritik, die im Zuge der Citymaut-Diskussion wieder laut wurde. Dieser tritt nun Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) entgegen. Und fordert einen S-Bahn-Ausbau auch in Wien.

„Pro Jahr werden 84 Millionen Euro nur in die Leistungen von Bahn und Bus investiert“, sagt Schleritzko. Gerade rund um Wien sei in den vergangenen Jahren viel getan worden. So gibt es seit heuer auf der Franz Josefs Bahn von Wien bis Kritzendorf einen Viertelstundentakt und damit 6800 Sitzplätz mehr zwischen Wien und Klosterneuburg. Durch die Durchbindung der Nahverkehrszüge über St. Pölten und das Tullnerfeld bis Wien-Westbahnhof sei die Zahl der Fahrgäste seit 2016 um 20 Prozent gestiegen. Insgesamt wurden die Sitzplätze um 33.000 täglich auf rund zwei Millionen gesteigert worden. Ab Juli sollen etwa auch zusätzliche Busverbindungen den Bahnhof Tullnerfeld aufwerten. Das Problem sei, dass weitere Verbesserungen kaum mehr möglich seien, da das Wiener Schienennetz an seine Kapazitätsgrenzen stoße. „Das liegt daran, dass es nur eine Stammstrecke gibt“, betont Schleritzko. Aktuell seien die Züge zur Hauptverkehrszeit zwischen Floridsdorf und Liesing zu 140 Prozent ausgelastet. 16 bis 17 Nahverkehrszüge nutzten die Strecke, mehr sei da nicht möglich.

Aus Sicht des Landes gebe es jedoch kurzfristige Maßnahmen, die mehr Spielraum ermöglichen würden. Etwa die Verlängerung der Bahnsteige in den Stationen Handelskai, Traisengasse, Rennweg und Matzleinsdorfer Platz auf 230 Meter. Dann könnten in den REX-Zügen pro Tag 40.000 Sitzplätze mehr angeboten werden. „Das wäre einer Kapazitätssteigerung von 20 Prozent“, meint Schleritzko.

Dieser Idee erteilen die ÖBB jedoch eine Absage. Lediglich der Bahnsteig am Matzleinsdorfer Platz werde im Zuge des U2-Ausbaus verlängert, bei den anderen genannten Bahnsteigen plus dem Quartier Belvedere sei ein Ausbau nicht möglich, sagt Sprecher Roman Hahslinger.

Des Weiteren wünscht sich das Land ein bis zwei Züge mehr pro Stunde abseits der Hauptpendelzeiten, da seien noch Kapazitäten vorhanden. NÖ sei bereit über diese Angebotsausweitung mit Wien zu verhandeln, richtet Schleritzko aus. Auch auf den rascheren Ausbau der Südbahn (geplant bis 2035) und auf die Umsetzung des Europäischen Zugbeeinflussungssystems wird gedrängt: Damit könnten die Intervalle verdichtet und sechs Züge pro Stunde mehr geführt werden. Laut ÖBB brauche es dafür allerdings weitere technische Maßnahmen.

Pendeln nach Wien: Mehr Sitzplätze in S-Bahn gefordert

Pracherstorfer und Schleritzko fordern S-Bahn-Ausbau auch in Wien

Strecke für 20 Züge

Langfristig, betonen der Landesrat und NÖs oberster Verkehrsplaner, Werner Pracherstorfer, brauche es eine weitere Stammstrecke – von Norden nach Süden –, die 20 zusätzliche Züge ermöglicht. Hier liefen schon Planungen mit der Stadt. Beschlüsse für das Milliardenprojekt mit einer Perspektive von 20 bis 25 Jahren gibt es bisher weder in NÖ noch in Wien. Auch die Finanzierung ist unklar. Das Land fordert eine hundertprozentige Kostenübernahme durch die ÖBB. „Man muss jetzt die Weichen stellen“, sagt Pracherstorfer. „Jede Verbesserung ist in unserem Sinne“, heißt es zu den Vorschlägen im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne). Wien setze schon seit Jahren auf den Öffi-Verkehr, es sei schön, wenn NÖ nun auch mitziehe. Zusammenarbeit zwischen den Ländern sei angesagt.

Wie es um die Zusammenarbeit bestellt ist, sobald es ums Geld geht, bleibt abzuwarten. In Sachen U-Bahnausbau ins Wiener Umland will Schleritzko darüber „diskutieren“, ob die bereitgestellten Bundesmittel nicht nur für Wien, sondern auch für den Ballungsraum gelten sollten.

Absagen gibt es an den Wunsch eines 365-Euro-Jahrestickets für NÖ. „Ich wüsste nicht, woher wir die finanziellen Mittel nehmen sollten“, sagt Schleritzko. In Wien werde das Ticket zum guten Teil aus der Parkraumbewirtschaftung finanziert. Dafür bekennt man sich zum Ausbau der Inneren Aspangbahn bis Oberlaa – sofern dort ein Bahnhof errichtet werde, und sich Wien, NÖ und ÖBB partnerschaftlich auf eine Finanzierung einigen.

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