NÖ: Freispruch in Prozess um sexuellen Missbrauch

Ein Kruzifix steht zwischen zwei Kerzen.
Ein 61-Jähriger musste sich heute wegen sexuellen Missbrauchs einer Achtjährigen vor Gericht verantworten - er wurde rechtskräftig freigesprochen.

Ein 61-jähriger Niederösterreicher ist am Dienstag am Landesgericht Korneuburg im Zweifel vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Unmündigen freigesprochen worden. Laut Anklage soll er sich im Herbst 2014 und Sommer 2015 mehrmals an der damals acht- bis neunjährigen Tochter von Verwandten seiner Frau vergriffen haben. Objektive Beweise gebe es nicht, erläuterte Richter Helmut Neumar zur Entscheidung des Schöffensenats. Die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel, das Urteil ist rechtskräftig.

Prozess

Der Mann hatte sich zuvor nicht schuldig bekannt. Das in Wien wohnende Mädchen habe jedes zweite Wochenende beim Angeklagten und seiner Frau übernachtet und die halben Sommerferien dort verbracht. Einmal soll es bei einem „Spiel“ in der Badewanne zu Berührungen gekommen sein, ein anderes Mal soll der Mann die Pyjamahose des Kindes heruntergezogen und mit den Fingern eingedrungen sein. Das Opfer habe bei den Befragungen im Jänner und Februar glaubwürdig geschildert, was der „Onkel“ gemacht habe, meinte die Anklägerin. Der Fall flog im vergangenen November auf, nachdem die Neunjährige die Vorfälle zunächst einer Freundin und die wiederum ihrer Mutter erzählt hatte.

"Wie Enkelkind"

Das Mädchen war für den Beschuldigten „wie sein eigenes Enkelkind“: „Sie war so gern bei uns, wir haben uns mit ihr beschäftigt, Ausflüge gemacht...“, erzählte er und bestritt jeglichen Missbrauchsversuch. Er schloss auch aus, das Kind etwa beim Kitzeln im Geschlechtsbereich erwischt zu haben. Seine Frau halte zu ihm, als für ihn eine Welt zusammenbrach. Die Anschuldigungen könne er sich nicht erklären: „Ich bin mit keinem bös.“

Richter Helmut Neumar zitierte aus Aussagen der Gattin, wonach deren Neffe und dessen Frau immer wieder Geld für Schulsachen oder Geschenke „brauchten“, sich aber auch 5.000 Euro für eine neue Küche borgen wollten. Andernfalls würde der Onkel quasi als Kinderschänder angeprangert werden. Seine Frau habe ihm davon erzählt, bestätigte der Angeklagte. „Und da haben Sie keine Wut gehabt?“ wunderte sich der Richter. Der Vater des Mädchens könne als Hilfsarbeiter finanziell keine großen Sprünge machen, erklärte der Beschuldigte seine damalige Unterstützung.

Keine Auffälligkeiten

Auch wenn der Kontakt nach der Anzeige abriss, brach nun die Kindesmutter im Zeugenstand eine Lanze für den 61-Jährigen: „Er war immer da für uns“, das Verhältnis sei „sehr gut“ gewesen. An ihrer Tochter, die sie als fantasievoll beschrieb, hatte sie keinerlei Auffälligkeiten bemerkt, kein geändertes Verhalten gegenüber Männern, nichts. Ihr Mann räumte ein, sich ab und zu Geld geborgt zu haben, gefordert habe er aber nichts. Er betonte, dass er dem 61-Jährigen gar nichts vorwerfe.

Während der Vorführung der kontradiktorischen Befragung des Mädchens wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Der Richter verlas dann u.a. aus einer Aussage, dass es zu einem Vorfall gekommen sei, als die Tante in der Arbeit war. Für die Staatsanwältin ergab das Beweisverfahren eindeutig, dass das Kind genau wisse, was es sagt. Sie sah keinen Grund, warum die Neunjährige die - immer gleichlautend erzählten - Vorwürfe „aus dem Nichts heraus“ erfunden haben sollte. Der Verteidiger arbeitete in seinem Schlussplädoyer vor der Urteilsberatung Widersprüche heraus und plädierte auf Freispruch - den es letztlich auch gab.

Kommentare